Brandenburg: Experten sehen Riesenställe kritisch
Agrarausschuss hört Vertreter der Volksinitiative gegen Massentierhaltung. Bauern: Unsachliche Debatte
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Potsdam - Ein Trecker vor dem Landtag und lautstarker Protest: Die Volksinitiative „Stoppt Massentierhaltung!“ hat am gestrigen Mittwoch in Potsdam vor dem Parlament ihren Forderungen Nachdruck verliehen. „Bauer – Imker – Schäfer – Bürger“ hieß es auf einem Transparent: „Gemeinsam für eine bäuerliche, tier- und umweltverträgliche Landwirtschaft“. Brandenburg müsse einen Landestierschutzbeauftragten einsetzen, das Verbandsklagerecht für Tierschützer einführen und nur noch wirklich artgerechte Tierhaltung fördern, fordert die Volksinitiative.
Rund 34 000 Menschen haben die Volksinitiative mit ihren Unterschriften unterstützt, 20 000 wären notwendig gewesen. Nun muss sich das Parlament damit befassen, Mitte März will der Landtag darüber entscheiden. Bei einer Anhörung im Agrar- und Umweltausschuss des Landtags wurden die Forderungen zuvor am Mittwoch noch einmal erläutert.
In Brandenburg sei derzeit eine rapide Zunahme der Massentierhaltung zu verzeichnen, kritisierte etwa Jochen Fritz von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft. Das Bundesland werde so zum „Mekka der Investoren der Massentierhaltung“. Kleinere Betriebe mit artgerechterer Tierhaltung könnten dabei nicht mithalten. So sei die Zahl der Schweinehalter in Deutschland in den vergangenen 15 Jahren um 100 000 auf 25 000 zurückgegangen.
Auch arme Länder würden durch die steigende Fleischproduktion hierzulande bedroht, da die Überschüsse unter anderem in afrikanische Staaten exportiert würden und dort die Landwirtschaft gefährdeten, sagte Fritz. In Brandenburg und andernorts führe die Massentierhaltung unter anderem durch die anfallende Gülle und die Verabreichung von Antibiotika an die Tiere zu Gefahren für Gesundheit und Umwelt.
„Kein Märker muss sich um sein Schnitzel Sorgen machen“, betonte Fritz. Eine Fleischproduktion, von der nicht Bauern, sondern Investoren profitierten, müsse jedoch eingedämmt werden. Geltendes Tierschutzrecht werde derzeit nicht eingehalten, kritisierte Ellen Schütze vom Deutschen Tierschutzbund. So werde den Ferkeln in der Schweinezucht routinemäßig der Schwanz entfernt, obwohl dies verboten sei. Das bereits in sechs Bundesländern eingeführte Verbandsklagerecht könne dem neben strengeren Kontrollen entgegenwirken.
Bei welchen Größenordnungen die Massentierhaltung beginne, sei derzeit unklar, hieß es bei der Anhörung weiter. Der Mikrobiologe Wolfgang Witte vom Robert-Koch-Institut forderte mehr Vorsorge gegen die Ausbreitung gefährlicher antibiotikaresistenter Keime auch in der Tiermast. Die Größe konventioneller Betriebe sollte deshalb verringert werden. Die Verwaltungen bräuchten mehr kompetente Mitarbeiter für die Kontrolle von Betrieben, forderte der Ökotoxikologe Werner Kratz, einst Mitarbeiter des märkischen Landesumweltamtes.
Der brandenburgische Bauernbund verteidigte dagegen die Massentierhaltung gegen Kritik. Die wirklichen Skandale in der Tierhaltung seien nur Randerscheinungen, würden jedoch regelmäßig im Vorfeld der Berliner „Grünen Woche“ öffentlich gemacht, sagte der Geschäftsführer des märkischen Verbandes der bäuerlichen Familienbetriebe, Reinhard Jung.
„Ein Umdenken sehe ich nicht als erforderlich an“, betonte Jung und sprach sich zugleich für eine stärkere Regulierung bei der Planung von Großmastanlagen aus. Derzeitige Privilegien im Baurecht müssten abgebaut werden. Für Betriebe, für die wegen ihrer Größe eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorgeschrieben sei, müssten die gleichen Regeln gelten wie für ein normales Gewerbegebiet.
Der Landesbauernverband, der vor allem für eine gewinnorientierte Landwirtschaft steht, sprach von einer unsachlich geführten Debatte. „Das Wohlergehen der Tiere hängt nicht von der Stallgröße ab, sondern von den Bedingungen, die das einzelne Tier vorfindet“, hieß es in einer Erklärung.
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