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Brandenburg: Falsche Bio-Eier aus dem Spreewald
Auch Brandenburg ist von dem Skandal betroffen – Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Bio-Landwirt
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Potsdam – Ausreichend Platz im Käfig, natürliches Futter und genug Auslauf. Das erwarten vermutlich die meisten Kunden, wenn sie beim Einkauf zu den deutlich teureren Bio-Eiern greifen. Doch der neue Skandal zeigt, dass in der Branche getrickst wird - und das offenbar auch in Brandenburg.
Zumindest ermittelt die Staatsanwaltschaft Cottbus gegen einen Öko-Bauern im Spreewald. Ihm werde vorgeworfen, Eier falsch deklaiert zu haben, sagte eine Sprecherin der Anklagebehörde am gestrigen Montag den Potsdamer Neuesten Nachrichten. Das Verfahren laufe seit vergangenem Jahr und sei noch nicht abgeschlossen. Die Ermittler seien im Zusammenhang mit einem Insolvenzverfahren auf den Landwirt aufmerksam worden. Weitere Fälle gibt es in Brandenburg nach PNN-Recherchen derzeit keine.
Mit dem Skandal in Niedersachsen hat der Verdachtsfall im Spreewald aber offensichtlich nichts zu tun. Deutschlandweit wird zurzeit gegen 200 landwirtschaftliche Betriebe ermittelt, die ihre Hühnereier falsch gekennzeichnet haben sollen. Allein in Niedersachsen ermittelt die Staatsanwaltschaft Oldenburg gegen rund 150 Landwirte, die den Hühnern unter anderem nicht ausreichend Auslauffläche geboten hätten. Etwa 50 weitereVerfahren wurden an Ermittler in anderen Bundesländern abgegeben.
Einer der Fälle führte zu einem Bio-Bauern im Landkreis Märkisch-Oderland. Der Landwirt hatte für seinen Betrieb 6185 Hennen bestellt, obwohl seine Ställe nur für 6000 Tiere zugelassen sind, wie der Sprecher des Agrarministeriums, Jens-Uwe Schade, auf PNN-Anfrage sagte. Der Landwirt habe aber glaubhaft versichern können, dass er die überschüssigen Hühner für seinen Nachbarn mitgekauft hatte. Eine anschließende Kontrolle habe bestätigt, dass die Zahl der Hühner in seinen Ställen korrekt war, sagte Schade. Daraufhin seien die Ermittlungen im Jahr 2012 eingestellt worden.
Der Statistik zufolge gibt es in Brandenburg rund 1000 Bio-Landwirtschaftsbetriebe. In 39 davon werden auch Hühner gehalten, insgesamt sind das 196 000 Tiere. Im Vergleich zur Gesamtzahl der Hühner im Land (gut sieben Millionen) sind das lediglich drei Prozent.
Und auch davon lebt nur etwa ein Drittel in Bauernhöfen, die den gängingen Vorstellungen der Verbraucher von einem Bio-Hof entsprechen. Der Großteil der Tiere fristet sein Dasein in riesigen Anlagen mit 15 000 oder mehr Hennen, wie der Geschäftsführer der Födergemeinschaft Ökologischer Landbau Berlin-Brandenburg, Michael Wimmer, vermutet. Diese erfüllen zwar offiziell die Bio-Voraussetzungen, sind aber trotzdem quasi Industriebetriebe. Wimmer begrüßt es, dass die Staatsanwaltschaft nun aktiv geworden ist. Diese habe schließlich mehr Möglichkeiten, gegen die Betrüger vorzugehen, als die Bio-Zertifizierer. Seiner Meinung nach ist die falsche Deklarierung eine Riesensauerei. Er sieht aber auch die Verbraucher in der Pflicht. Dass die Packung Bio-Eier für 1,55 Euro nicht von einem klassischen Ökohof komme, brauche keinen zu wundern, sagt er. Nur wer im Bioladen, im Bio-Supermarkt, beim Ökomarkt oder Direktvermarkter kaufe, könne Hühnereier aus Familienbetrieben erwarten.
Vielen sei das aber bereits bewusst, vermutet Wimmer. Dies habe sich bei den vergangenen Lebensmittelskandalen gezeigt: Während der konventionelle Handel einbrach, stieg der Umsatz im Bio-Fachhandel sogar an.
Wer sich ganz sicher sein wolle, solle Eier von „Ei-Care“ kaufen, empfiehlt Wimmer. Bei diesem Pilotprojekt im Berliner Umland leben die Hühner in kleinen Herden, haben Auslauf und bekommen Getreide aus der Region zu fressen. Zudem werden nur Tiere einer sogenannte Zweitnutzungsrasse gehalten. Diese legen zwar weniger Eier und setzen auch weniger Fleisch an als hochgezüchtete Hybrid-Rassen. Dafür sind die Tiere nach Angaben der Initiatoren robust und besonders wohlschmeckend. Zudem werden die männlichen Küken nicht – wie oft auch auf den großen Bio-Höfen – direkt nach der Geburt getötet, sondern als Masthähnchen aufgezogen.
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