zum Hauptinhalt

Brandenburg: Ferien mit der Brechstange

Die Zahl der Einbrüche rund um Berlin nimmt weiter zu. Schwerpunkte sind die Kreise Havelland und Oberhavel sowie Potsdam. Wer in den Urlaub fährt, dem rät die Polizei zu einem professionellen Haussitter – besonders gefragt sind sie offenbar nicht

Von Matthias Matern

Stand:

Potsdam/Berlin - Während sich die Lage in Berlin zuletzt entspannt hat, nimmt die Zahl der Einbrüche im Land Brandenburg weiter zu – vor allem im sogenannten Speckgürtel . So zumindest lautet die vorläufige Einschätzung der Gemeinsamen Ermittlungsgruppe Berlin-Brandenburg (GEG). Im Vergleich zum Juni 2012 sei die Gesamtanzahl der Einbrüche in Einfamilienhäuser leicht gestiegen, teilte das brandenburgische Landeskriminalamt (LKA) am Montag auf PNN-Nachfrage mit. „Derzeitige Schwerpunkte bilden dabei die Regionen am nördlichen und westlichen Rand der Bundeshauptstadt Berlin“, hieß es weiter. In den weiter von Berlin entfernten Regionen seien dagegen Rückgänge zu verzeichnen. Eine Ausnahme bildet laut LKA lediglich die Gegend um Frankfurt (Oder).

Sowohl in Berlin als auch in Brandenburg hatte in den vergangenen Jahren wie berichtet die Zahl der Wohnungs- und Hauseinbrüche enorm zugenommen. In Brandenburg etwa hatte die Polizei im vergangenen Jahr gegenüber 2011 einen Anstieg um 17 Prozent verzeichnet. Allein im Speckgürtel gab es 2012 fast 3000 Einbrüche, das ist mehr als die Hälfte aller Fälle im Land. In Berlin dagegen wurden im vergangenen Jahr doppelt so viele Einbrüche gemeldet wie noch 2005. Gegenüber 2011 stieg die Zahl der Fälle um 26 Prozent. Allerdings gibt es gute Nachrichten für Berliner Hauseigentümer: Im ersten Halbjahr 2013 gab es laut Polizei keinen weiteren Anstieg mehr, die Zahlen stagnieren jedoch auf hohem Niveau.

Im Umland ist es dagegen nach Angaben der Gemeinsamen Ermittlungsgruppe vor allem in den Kreisen Havelland und Oberhavel sowie in Potsdam vermehrt zu Einbrüchen gekommen. Im Visier haben die Ermittler nach wie vor hauptsächlich „überregional tätige Einbrecherbanden“. Gegründet wurde die GEG 2005. Sie ist organisatorisch dem Landeskriminalamt Brandenburg zugeordnet und besteht aus jeweils sieben Beamten beider Länder. Die Leitung der Ermittlungsgruppe wechselt in regelmäßigen Abständen. Derzeit führt die GEG ein Berliner Beamter an.

Allein im vergangenen Jahr bearbeitete die Gruppe sechs große Einbruchsserien mit 28 Verdächtigen und 130 Taten. Dazu gehörte auch eine sechsköpfige Bande aus Berlin, die nach einem Einbruch in Schönow bei Bernau (Barnim) mehrere Monate von den Ermittlern observiert wurde. Den Männern aus Moldawien, Rumänien, Polen und Deutschland konnten 43 Einbrüche in Einfamilienhäuser in Brandenburg, Berlin, aber auch in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern zugeordnet werden – die meisten allerdings am östlichen und nördlichen Berliner Stadtrand und bei Potsdam.

Einer landläufigen Vorstellung zufolge schlagen Einbrecher vor allem dann vermehrt zu, wenn andere in den Urlaub fahren – besonders in den Sommerferien. Statistisch belegen lässt sich das allerdings nicht. Tatsächlich gibt es in Wintermonaten mehr Einbrüche, weil es da früher dunkel ist und die Täter dann schon unbehelligt ans Werk gehen können, wenn die Opfer noch am Arbeitsplatz sitzen. Dabei suchen sich die Täter gezielt Orte aus, an denen sie wertvolle Beute vermuten. Gegenden mit eher wohlhabenden Klientel stehen deshalb besonders im Fokus. Dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in Berlin zufolge haben allein 2012 die Einbrüche bundesweit die Versicherer 470 Millionen Euro gekostet – 50 Millionen Euro mehr als noch im Jahr 2011. Ein Einbruch verursachte dabei im Schnitt einen Schaden von 3300 Euro. Schwerer als der materielle Schaden durch Einbrüche ist der ideelle Verlust. Wenn etwa private Fotos zusammen mit dem Laptop weg sind oder man weiß, dass der Einbrecher in der Unterwäsche oder Privatunterlagen herumgewühlt hat. „Ich bin zwar eher ein cooler Typ, aber mich hat das sehr belastet,“ schildert eine betroffene Berlinerin. „Mein Mann hat zwar nach dem Einbruch die Fenster stark gesichert, aber letztlich sind wir doch aus Steglitz weggezogen.“

Auch wenn die Urlaubszeit statistisch nicht auffällig ist, hat die brandenburgische Polizei auch in diesem Jahr wieder zum Ferienbeginn zur besonderen Vorsicht aufgerufen. Unter anderem wird geraten, entweder einen Nachbarn zu bitten, regelmäßig den Briefkasten zu leeren und gegebenenfalls den Rasen zu mähen oder gleich einen professionellen Haussitter zu engagieren. Die Nachfrage nach Haushütern ist aber offenbar gering. Vor knapp vier Jahren hat Martina Mandt aus der Gemeinde Nuthe-Urstromtal (Teltow-Fläming) sich mit einem Haussitter-Service selbstständig gemacht, letztlich aber wegen der schlechten Auftragslage wieder aufgegeben. „Die Leute auf dem Land sind nicht bereit, dafür Geld auszugeben. Die Fragen lieber den Nachbarn oder Verwandte. Und für acht Euro mache ich es nicht“, berichtete Mandt.

Wer ebenfalls auf einen Haussitter lieber verzichtet, sollte sich zumindest technisch bestmöglich schützen, findet GDV-Sprecher Stephan Schweda. Statt sich ein Sicherheitsschloss nach dem anderen zuzulegen, sollten Hausbesitzer aber lieber zunächst mit einem Experten einen Rundgang ums Haus machen. „Es gibt genügend Schwachstellen. Das beste Querriegelschloss nützt nichts, wenn nebenan der Zugang über den Kellerschacht offen steht“, warnt Schweda.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })