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Brandenburg: Festgefahren

Stromausfall: Bei der S-Bahn ging diesmal gar nichts mehr. Über Stunden.

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Berlin/Potsdam - Es liegt noch keine Flocke Schnee, und doch ging bei der S-Bahn am Donnerstag ab kurz vor zwölf Uhr wieder mal nichts mehr, und zwar gut drei Stunden lang. Auch anschließend stauten sich die Menschen noch auf den Bahnhöfen in Berlin und Potsdam, warteten vergebens auf einen Zug, der Berufsverkehr verlängerte sich teils bis in den frühen Abend. Was diesmal die Ursache des Chaos’ war? Ein Stromausfall, zu dem es durch Bauarbeiten auf dem Gelände des elektronischen Stellwerks in Berlin-Halensee kam. Sabotage oder einen Anschlag schloss die Bundespolizei aus. Vielmehr habe eine von der Bahn mit den Wartungsarbeiten beauftragte Fremdfirma die Panne in dem Stellwerk ausgelöst. Eine Panne, die gestern unzählige Schüler, Berufstätige, Rentner, Pendler, Fernreisende, Touristen – und Bahnmitarbeiter – betraf.

STILLE AUF DEN BAHNSTEIGEN

Am Berliner Hauptbahnhof sind die Bahnsteige um 13 Uhr fast menschenleer. Die Mitarbeiter des Fahrgastservice fangen die Gäste unten an den Rolltreppen ab. Im totalen Chaos sei es ein riesiger Akt gewesen, die wartende Masse von den Bahnsteigen zu bewegen, sagt ein Fahrgastbetreuer. Sie sind dort gerade mal zu Dritt – einer musste extra von Bellevue zum Bahnhof laufen, um zu helfen. Ein älteres Pärchen aus Schlachtensee ärgert sich. „Wir fahren wegen der Probleme der S-Bahn immer mit dem Auto – und promt sind wir reingefallen.“

HEKTIK AM HANDY

Im Bahnhof Berlin Friedrichstraße sind die Fahrgäste überwiegend auf sich allein gestellt: Fragende Gesichter, so weit das Auge reicht – auch unter den S-Bahnern. „Wir wissen auch nicht, wann es weitergeht. Ich kann ihnen nur raten auf Bus und U-Bahn umzusteigen“, rattert ein Fahrgastbetreuer gebetsmühlenartig herunter. Manch einer versucht via BVG-App an Ausweichmöglichkeiten zu kommen. Doch das elektronische Auskunftsystem ist zwischenzeitlich überlastet.

DRINGENDE BEDÜRFNISSE IM ZUG

Wer es in einen Zug geschafft hat, dem geht es auch nicht viel besser. Nach Angaben von Mitfahrern wurde einigen Fahrgästen übel. Andere mussten dringend auf die Toilette. In manchen Fällen gab es hier mit Hilfe des Lokführers ein stilles Plätzchen draußen zwischen den Wagen, berichteten Fahrgäste.

AUSNAHMEZUSTAND BEI DER BVG

Die BVG setzt nach Angaben ihrer Sprecherin Petra Reetz „alles ein, was fahren kann“. Mitarbeiter würden zu Umsteigestationen geschickt, um die Fahrgäste dort informieren zu können. Auch die Fahrscheinkontrollen seien deshalb eingestellt worden, heißt es.

STAU AUF DEN U–BAHNHÖFEN

Viele weichen auf die U-Bahn aus. Doch auch im ohnehin stets überfüllten U–Bahnhof Friedrichstraße herrscht dichtes Gedränge. Nur langsam schieben sich die Massen die engen Treppen von der S-Bahn herunter. „Ich würde ja lieber auf ein Taxi umsteigen, aber das kann ich mir nicht leisten“, sagt ein Mann aus Steglitz.

CHAOS AN DER BUSHALTESTELLE

Dann doch den Bus nutzen? Wenn das mal so einfach wäre. Vor dem Berliner Hauptbahnhof suchen umherirrende Fahrgäste die passende Nummer und Richtung. An den Haltestellen staut es sich, die Busse sind übervoll. „Ich frage mich, warum man selbst nach eineinhalb Stunden noch keinen Ersatzverkehr eingerichtet hat“, sagt ein Fahrgast wütend.

FLUCHT INS S-BAHN–KUNDENCENTER

Überraschung: Die Schlange hier im Hauptbahnhof ist ungewöhnlich kurz. Die Mitarbeiter drucken den Reisenden alternative Fahrmöglichkeiten aus. Ein Berliner Pärchen, Laura und Philipp S., das nach Schlachtensee will. muss jetzt zwei Busse nehmen und braucht laut Plan für die Fahrt nach Hause eineinhalb Stunden. „So haben wir uns die Rückkehr aus unserem Urlaub nicht vorgestellt“, sagt Laura S. Da will der Trost der Mitarbeiter auch nicht wirklich helfen: Verfallene Fahrkarten könnten eingereicht werden, sagt eine Servicemitarbeiterin.

ES KOMMT INS ROLLEN, ENDLICH

Um kurz nach 13 Uhr fährt ein Zug im Berliner Hauptbahnhof ein, dann folgen weitere. Ein erster ICE rollt später an. Ein englischer Tourist hat Angst, wegen der Verspätungen seinen Flieger in Frankfurt zu verpassen. Ein Belgier nimmt es mit Humor: „Das also versteht man unter deutscher Pünktlichkeit.“

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