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Brandenburg: Feuertaufe des Kronprinzen

Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns soll 2007 Jörg Schönbohm als CDU-Chef beerben. Ob er die nötige Führungsstärke besitzt, muss er jetzt als Chefaufklärer der E-Mail-Affäre beweisen

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Potsdam - Manche halten ihn für politisch blass und profillos: Gemeint ist Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns, der nach dem Willen des CDU-Landesvorsitzenden Jörg Schönbohm 2007 sein Nachfolger werden und die Führung der Partei übernehmen soll. Ob es dazu kommt, wird sich zeigen. Einer brisanten Herausforderung muss sich der Kronprinz jetzt als Chefaufklärer der E-Mail-Affäre stellen, die die märkische Union in schwere Turbulenzen gestürzt hat. Der Bericht, den Junghanns am heutigen Freitag im Landesvorstand geben soll, wird deshalb mit besonderer Spannung erwartet.

Es geht nicht nur um das weitere Schicksal von Generalsekretär Sven Petke und seines Geschäftsführers Rico Nelte, die den E-Mail-Verkehr der führenden märkischen CDU-Politiker überwacht haben sollen, wie der Internet-Unternehmer Daniel Schoenland behauptet. Es geht auch um den Ruf und die Glaubwürdigkeit von Junghanns, der rückhaltlose Aufklärung ohne Ansehen der Person versprochen hat. Manche sehen es als Fehler an, dass der 50-Jährige die Rolle des Chefaufklärers übernommen hat: Die Lage in der Partei war schon vor der E-Mail-Affäre angespannt, hinter den Kulissen brodelt es, weil seit Monaten ein Machtkampf im Gange ist. Es geht dabei auch um die künftige Rolle Petkes. Die Partei ist in zwei Lager gespalten. Das eine setzt auf ihn als „Mann der Zukunft“, das andere will den 38-Jährigen loswerden, den sie für machtbesessen, durchtrieben und intrigant halten.

Dass Petke sich vor Monaten zum Anführer der Modernisierungskampagne in der trägen märkischen Union aufgeschwungen hat, macht die Sache nicht einfacher. Der Landesvorstand will heute auch einen neuen Programmentwurf absegnen, den eine Kommission unter Vorsitz von Petke erarbeitet hat und der in auffälliger Eile schon in zwei Monaten, am 11. November, auf einem Programmparteitag beschlossen werden soll. Auch über dieses 80-Seiten-Programm gegen die Meinungen in der CDU weit auseinander: Die einen halten es für brauchbar, die anderen für „unreif“. Ziel Petkes ist es, die bisherige kalt wirkende Law-and-Order-Union auf einen sozialeren und familienfreundlicheren Kurs einzuschwören. Rechtzeitig, vor der Landtagswahl 2009.

Junghanns steht also vor keiner leichten Aufgabe: Macht er bei der Aufklärung der Affäre Fehler, bleibt er hinter seinem eigenen Anspruch „ehrlich, fair und konsequent“ zurück, würde er sich selbst beschädigen. Das würde ihn schwächen, vielleicht sogar seinen Aufstieg zum Parteichef verhindern. Bisher hat sich der 50-Jährige nicht ungeschickt aus Querelen, Intrigen und Grabenkämpfen herausgehalten. Junghanns hat sich noch nicht einmal öffentlich geäußert, ob er als Parteichef kandidieren will, weil er den Zeitpunkt nicht für gekommen sieht – und weil er immer vorsichtig agiert.

Andererseits erwartet die Partei in dem Durcheinander gegenseitiger Anschuldigungen, Strafanzeigen und eidesstattlicher Versicherungen von Junghanns eine nichts beschönigende Darstellung der Vorgänge in der Parteizentrale, eine präzise politische Bewertung und eine Auflistung der nötigen Konsequenzen. Eben jene Führungsstärke, die ein designierter Parteichef haben muss.

In der CDU-Führungsspitze ging man gestern davon aus, dass Junghanns die Abläufe bei der Bearbeitung der elektronischen Post in der Landeszentrale, die unter anderem zu schweren Konflikten mit den Ministerinnen Beate Blechinger (Justiz) und Johanna Wanka (Wissenschaft) führte, beanstanden und die Verantwortlichen benennen wird. „Er wird nicht taktieren. Er weiß, dass es auch um seinen Ruf geht“, sagte gestern ein Junghanns-Vertrauter. Dass Junghanns den Rückzug von Generalsekretär Sven Petke fordern wird, galt indes gestern in CDU-Kreisen als eher unwahrscheinlich. Eher rechnete man damit, dass Landesgeschäftsführer Rico Nelte „geopfert“ werden könnte.

Andererseits: In der trudelnden märkischen Union erscheint derzeit alles möglich.

Michael Mara

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