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Brandenburg: Filmemacher im Anflug

Die Betreiber der Babelsberger Studios interessieren sich für Tempelhof – und verhandeln schon

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Potsdam/Berlin - Die Texaner haben es vorgemacht: Seit in Austin vor acht Jahren ein neuer Flughafen gebaut wurde, wird der alte als Filmstudio genutzt. In der alten Abfertigungshalle hat die Austin Film Society ihre Büros, in den Hangars wird gedreht. Die Filmgesellschaft, die Stadt und ihre Bürger waren von Anfang begeistert von dem Projekt. Nur als die Filmfirma dem Regisseur Quentin Tarantino anbot, er könne den alten Kontrollturm abfackeln, wenn dies für eine Szene nötig wäre, protestierten die Anwohner: Das Gebäude wurde unter Denkmalschutz gestellt. Die Austin Studios könnten durchaus ein Vorbild für den Flughafen Tempelhof sein, sagte gestern Eike Wolf, Sprecher der Studio Babelsberg AG. Die Filmbetriebe Berlin Brandenburg (FBB), Hauptaktionär des Studios, haben jedenfalls ihr Interesse angemeldet, die 300 000 Quadratmeter umfassenden Hangarflächen des Flughafengebäudes zumindest teilweise nutzen zu wollen, und haben dem Senat ein Nutzungskonzept eingereicht. „Das Konzept ist dort auf große Begeisterung gestoßen“, sagte Wolf. Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg JungeReyer (SPD) hatte am Mittwoch Pläne für die Nachnutzung des Flughafengeländes vorgestellt und gesagt, dass sie sich vorstellen könne, dass die Medien- und Kreativwirtschaft in das Flughafengebäude einzieht und dort ein „Tempelhofer Forum“ entsteht.

Zu Details wollen sich derzeit weder Studio Babelsberg noch Junge-Reyer äußern. Erst müsse die offizielle Ausschreibung für die Nachnutzung beginnen. Die Senatskanzlei bestätigte gestern, dass sie bereits mit Babelsberg verhandle. Einen kompletten Umzug der Studios nach Tempelhof schloss Sprecher Wolf aus. Er würde in gewisser Weise eine Rückkehr zu den Ursprüngen darstellen: Noch bevor das heutige Flughafengebäude gebaut wurde, residierten die Ufa-Studios an der Tempelhofer Oberlandstraße.

Bereits jetzt hat der Flughafen Tempelhof eine reiche cineastische Vergangenheit – als Handlungs-, Dreh- und Premierenort. Dort spielten Szenen von Billy Wilders „Eins, zwei, drei“ und „Eine auswärtige Affäre“. Steven Soderberghs „The Good German“ entstand zwar in den USA, direkt am Ort der Handlung drehte aber Will Tremper „Die endlose Nacht“, der eine Gruppe Reisender durch Nebel in der Abflughalle stranden ließ. In Tempelhof entstand die an „Casablanca“ erinnernde Schlussszene in „Und der Himmel steht still“ (1993), der Verfilmung von Ian McEwans Roman „Unschuldige“ mit Isabella Rossellini und Anthony Hopkins. Auch wurde vor einem Hangar eine Szene für „Comedian Harmonists“ gedreht, stilvoll mit einer JU-52. Sogar die Luftbrücke wurde in Tempelhof zweimal verfilmt, 1949 in „The Big Lift“ mit Montgomery Clift, 2005 für einen Sat1-Zweiteiler, mit Heino Ferch und Ulrich Tukur. Dazu gab es in einem Hangar dann eine festliche Voraufführung. Einige Jahre vorher hatte es schon eine Premierenfeier für „Pearl Harbor“ gegeben, und auch Filmpreise wurden in Tempelhof verliehen: 1997 der Deutsche wie auch der Europäische Filmpreis, und zur Berlinale 2007 der Schwul-lesbische Filmpreis.

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