Nach Vorwürfen gegen Jugendhilfe-Träger: Fixiert bis zum Knochenbruch: Ministerium richtet Kommission ein
Die Vorwürfe wiegen schwer: In brandenburgischen Heimen sollen junge Menschen misshandelt worden sein. Das Land richtet deshalb eine Untersuchungskommission ein - doch die Betroffenen müssen sich auch melden.
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Potsdam/Unterspreewald - Nach schweren Vorwürfen gegen die Jugendhilfe-Einrichtung Haasenburg in Brandenburg richtet das Bildungsministerium eine Untersuchungskommission ein. Das teilte das Ministerium am Montag mit. Sie soll in den kommenden Tagen ihre Arbeit aufnehmen. Zur Aufklärung sei das Ministerium auf konkrete Hinweise angewiesen. Betroffene Jugendliche könnten sich per Telefon oder Mail melden - auch vertraulich.
Die Berliner "tageszeitung" hatte am Samstag berichtet, Heimbewohner seien bei Verstößen gegen die strengen Regeln etwa mit Gesprächsverbot und Einschließen bestraft worden. Bei Fixierungen soll es zu Knochenbrüchen gekommen sein. Viele Jugendliche würden zudem mit Psychopharmaka behandelt. Standorte gibt es in Unterspreewald, Jessern (beides Dahme-Spreewald) und Müncheberg (Märkisch-Oderland).
Die Haasenburg GmbH wies diese Vorwürfe zurück. Das Landesjugendamt sei regelmäßig in den Einrichtungen und erhalte laufend detaillierte Berichte. In der Folge seien "keine oder nur geringe Mängel" festgestellt worden, teilte der Heim-Träger am Montag auf seiner Homepage mit. Weiter wollte sich die Einrichtung zu den Vorwürfen nicht äußern.
Allerdinngs stehen dem Landesjugendamt für die landesweit insgesamt 580 Jugendhilfeeinrichtungen nur drei mitarbeiter zur Verfügung. Das sagte Ministeriumssprecher Stephan Beriding den PNN am Sonntag.
Das Ministerium werde sich jetzt auch selbst in den Heimen umsehen, hieß es. Die Vorwürfe würden ernstgenommen, auch wenn es bislang kaum Beschwerden von Betroffenen gebe, sagte ein Sprecher des Bildungsministeriums auf Nachfrage. In den Heimen würden "Jugendliche mit extremen Schicksalen" betreut. Erfahrungen mit Gewalt, Missbrauch und Drogen spielten eine Rolle. Der Großteil habe schon diverse Einrichtungen der Jugendhilfe durchlaufen.
Laut Ministerium ist bekannt, dass Jugendliche dort fixiert würden. Das sei in bestimmten Situationen zur Deeskalation erlaubt, so Sprecher Stephan Breiding. Allerdings seien die Auflagen dafür 2010 verschärft worden. Wie oft die Einrichtung kontrolliert werde, konnte er am Montag nicht sagen. Drei Mitarbeiter führten solche Kontrollen landesweit durch.
Marie Luise von Halem von der Grünen-Fraktion nannte den Bericht am Montag "erschütternd" und forderte lückenlose Aufklärung. Sängerin Nina Hagen kündigte per Facebook an, das Heim zu besuchen und einen Workshop anzubieten.
Die Haasenburg GmbH bietet in Brandenburg 114 Plätze an, 56 davon mit freiheitsentziehenden Maßnahmen. Diese muss ein Richter genehmigen. Die meisten Jugendlichen kommen nicht aus Brandenburg. (dpa/alm)
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