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Brandenburg: Fliegender Lebensretter
Wie wichtig die schnelle Hilfe der Hubschrauber-Crew von „Christoph 64“ für die Mark ist
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Angermünde - Ob Autounfall, Herzinfarkt oder Schlaganfall – immer geht es bei ihnen um jede Minute, um Leben oder Tod. Innerhalb von 90 Sekunden nach der Alarmierung rattern die Rotorblätter und die dreiköpfige Rettungshubschrauber-Besatzung von „Christoph 64“ ist in der Luft. Innerhalb von 15 Minuten kann der rot-weiße Heli mit Maximaltempo 250 Einsatzorte in einem Radius von 60 Kilometern um Angermünde herum erreichen.
„Durch uns hat sich die Situation im Nordosten Brandenburgs verbessert“, sagt Rettungsassistent Martin Bosch. „In diesem Jahr haben wir von Januar bis Ende August knapp 1000 Einsätze geflogen.“ Das sind so viele, wie der Perleberger ADAC-Rettungshubschrauber im gesamten vergangenen Jahr geflogen hat.
Und dann muss die Crew aus Pilot, Notarzt und Rettungsassistent los. „Ein Mann klagt auf dem Zeltplatz am Parsteiner See über Herzbeschwerden“, sagt der Leitende Stationsarzt Henning Blaich. Der Hubschrauber vom Typ Airbus EC 135 braucht acht Minuten bis zum Zeltplatz im nordöstlichen Barnim. Blaich und Bosch gelingt es nach kurzer Zeit, ihren Patienten nach einem Herzinfarkt zu stabilisieren. Sie fliegen ihn ins Eberswalder Krankenhaus ins Herzkatheterlabor. „Je eher ein Herzmuskel nach einem Infarkt versorgt wird, desto besser für den Patienten“, sagt Blaich.
Viele Einsätze enden nicht so glimpflich, sondern gehen tragisch aus. „Das muss man wegstecken, damit professionell umgehen, auch wenn es oft nicht sehr leicht ist“, sagt Blaich. Jeder gehe damit anders um. „Christoph 64“ ist erst seit 13 Monaten im Einsatz. Im August 2015 hat die DRF Luftrettung ihre Station in Angermünde eröffnet. Knapp drei Millionen Euro wurden in die Station mit Hangar, Landeplatz, Einsatzzimmern und Wohnbereich investiert, sagt DRF-Sprecherin Stefanie Kapp. „Die Refinanzierung erfolgt über die durch die Krankenkassen erstatteten Flugminutenpreise“, so Kapp.
„Notfall-Mediziner vom Eberswalder Forßmann-Krankenhaus haben 25 Jahre für einen Rettungshubschrauber im Nordosten Brandenburgs gekämpft“, berichtet Blaich. Das Innenministerium hat daraufhin als letzte Region im Land die öffentlich-rechtliche Luftrettung in der Uckermark ausgeschrieben. Die DRF erhielt den Zuschlag. Neben dieser gemeinnützigen Organisation betreiben auch der ADAC und das Bundesinnenministerium Rettungshubschrauber-Stationen im Land.
Zuvor habe es aufgrund der weiten Wege in Nordostbrandenburg immer wieder Probleme bei der Einhaltung der vorgeschrieben Hilfsfristen gegeben. Laut Gesundheitsministerium muss das erste Rettungsfahrzeug in 15 Minuten nach dem Absetzen eines Notrufs am Einsatz eintreffen.
Jetzt ist die Angermünder Station 365 Tage im Jahr besetzt. In wechselnden Schichten sind 16 Notärzte, drei Rettungsassistenten und drei Piloten im Dienst. Geflogen wird von Sonnenaufgang bis -untergang. „So können am Tag schon zwölf Stunden auf uns zukommen“, sagt Bosch. Vor allem im Sommer sei sehr viel zu tun: Es gibt viele Motorrad-, Bade- und Arbeitsunfälle. Bis zu zehn Einsätze am Tag können auf die Besatzung aus Pilot, Notarzt und Rettungsassistent zukommen.
„Manchmal hat man kaum Zeit, um zwischen zwei Einsätzen etwas zu essen oder zu trinken“, erklärt Bosch. „Da kann die Arbeit fürs ganze Team schon ans Limit gehen – psychisch, körperlich und fliegerisch“, betont er. Jederzeit kann der Piepser am Gürtel losgehen. „Ich brenne für diese Arbeit. Sie ist so wichtig und abwechslungsreich“, sagt Bosch, dessen Job kurz HEMS-TC genannt wird. Er sei nicht nur Rettungsassistent, sondern unterstützt auch den Piloten bei den Starts und Landungen. Er wickelt unter anderem den Funkverkehr zwischen dem Heli, der Regionalleitstelle und den Krankenhaus ab. Dann könne sich der Pilot auf das Fliegen konzentrieren und mit der Luftraumüberwachung Kontakt halten. „Obwohl wir alle ständig hochkonzentriert sein müssen, der Job auch massive Belastungen mit sich bringt, möchte ich nichts anderes machen“, lautet schließlich das Fazit von Rettungsassistent Martin Bosch,
Georg-Stefan Russew
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