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Brandenburg: Flucht aus Angst vor Strafe

Immer mehr Menschen flüchten vom Unfallort / Verkehrsopferhilfe Ansprechpartner für Opfer von Fahrerflucht

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Potsdam - Sie haben Angst vor einer Strafe, reichlich Alkohol getrunken oder schlicht keinen Führerschein. Gründe, warum sich Menschen nach einem Unfall aus dem Staub machen, gibt es viele. „Unfallflucht fängt nicht erst bei Horrorszenarien mit toten Kindern an. Man muss auch bei Blechschäden für den Schaden gerade stehen“, sagte der Hamburger Verkehrspsychologe Jörg-Michael Sohn.

Im vergangenen Jahr meldete das Polizeipräsidium Potsdam 7187 Fälle von Unfallflucht, das waren 3,4 Prozent mehr als 2008, ergab eine dpa-Umfrage. Bei den meisten waren lediglich Blechschäden zu beklagen. Allerdings wurden auch 415 Menschen leicht beziehungsweise schwer verletzt (minus 5 Prozent). Getötet wurde niemand, im Jahr 2008 verlor dagegen eine Person bei einem Unfall mit Fahrerflucht ihr Leben. Laut Statistik ist die Zahl der Fluchten seit 2005 gestiegen, gleichzeitig wurden im selben Zeitraum weniger Menschen dabei verletzt oder getötet.  Im Bereich des Polizeipräsidiums Frankfurt (Oder) verließen 2009 in 7435 Fällen Fahrer unerlaubt den Unfallort, im Vorjahr waren es 7025. In beiden Jahren konnte die Polizei nach eigenen Angaben jeweils knapp 3000 Flüchtige fassen - dabei stellte sich heraus, dass es meistens Männer waren, die einfach weggefahren waren. „Viele flüchten, weil sie unter Alkoholeinfluss einen Unfall bauen und die Trunkenheit vertuschen wollen. Dabei macht Abhauen eine schlimme Situation noch schlimmer“, sagte der Verkehrspsychologe Sohn. Andere hätten Angst vor Geldstrafe oder Führerscheinverlust.

Wer den Vorfall zu spät meldet, hat auch schlechte Karten: „Da denken einige, dass sie ihrem Nachbarn auch erst morgen von der Beule an dessen Wagen erzählen können“, sagte Sohn. In seltenen Fällen sei die Flucht unbewusst – wenn ein Fahrer den Unfall einfach nicht bemerkt habe.

Dabei gilt: Unabhängig von der Schuldfrage ist es Pflicht, das Geschehen sofort zu melden und für die Beweisaufnahme an Ort und Stelle zu bleiben. „Anderenfalls kann das Verhalten als Straftat mit Geldstrafen in individuellen Tagessätzen geahndet werden“, erläuterte Sohn.

Wer aber erst einmal alleine mit dem Schaden dasteht, kann sich an die Verkehrsopferhilfe wenden. „Diese Einrichtung der deutschen Autohaftpflichtversicherer steht den Geschädigten in solchen Sonderfällen bei“, sagte Christian Lübke vom Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft in Berlin. „Falls ein Anspruch auf Hilfe besteht, wird der Fall an das Versicherungsunternehmen weitergeleitet.“ Wichtig sei, den Unfall genau zu dokumentieren.  „Am besten ist es, wenn man die Polizei ruft und den Unfall aufnehmen lässt.“ Es sollten möglichst auch Zeugen benannt werden. „Bei Körperschäden braucht man außerdem ein ärztliches Attest.“ Lübke ergänzte: „Je besser alle Details zum Unfallhergang festgehalten werden, desto schneller kann die Entschädigung für den Fahrzeug- oder Körperschaden ausgezahlt werden.“   

Dass Flüchtige nicht nur Blechschäden hinterlassen, zeigen zwei Beispiele: Im April 2009 überschlug sich auf der Autobahn 24 ein Fahrer mit seinem Wagen, die drei Insassen wurden schwer verletzt. Der Unfallverursacher raste davon, konnte aber später gefasst werden. Die Folge: Strafanzeige. Erst am vergangenen Dienstag stieß ein Autofahrer in Tauche (Oder-Spree) mit einem 72 Jahre alten Radfahrer zusammen. Der Unbekannte hielt an, als er aber sah, dass sich der Rentner nach dem Sturz wieder aufrappelte, gab er Gas und entwischte. Das Opfer blieb mit Verletzungen an Hand und Knie zurück. dpa

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