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Brandenburg: Förder-Debatte ohne Bürgermeister

An Diskussionen dürfen auch Landtagsabgeordnete nicht teilnehmen / Nächster Termin in Kleinmachnow

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An Diskussionen dürfen auch Landtagsabgeordnete nicht teilnehmen / Nächster Termin in Kleinmachnow Potsdam - Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) hat Irritationen um seinen Kurswechsel in der Förderpolitik ausgelöst: Zu den „Standortkonferenzen“ in den Regionen, auf denen zur Zeit seine Regierung die umstrittenen Konzepte erörtert, ist nur ein erlesener Kreis zugelassen: Bürgermeistern, Medien und selbst Landtagsabgeordneten wird die Teilnahme verwehrt. Der Ärger darüber ist auch deshalb groß, weil Platzeck mehrfach einen „breiten Dialog“ angekündigt und erst jüngst eine „große Zukunftsdebatte“ für Brandenburg gefordert hatte. PDS-Bundeschef Lothar Bisky, der auch Vize-Präsident des Landtages ist, sieht darin einmal mehr einen „kulturellen Sprung“ im Vergleich zur Ära des früheren Ministerpräsidenten Stolpe. „Die Regierungen Stolpe haben immer auch unsere Meinung eingeholt, nach unseren Ideen gefragt. Jetzt gibt es nur noch Gedanken der Koalition“, sagte Bisky gestern in der PDS-Landtagsfraktion. Zuvor hatte Platzeck, der dort eigentlich persönlich zur Förderpolitik Rede und Antwort stehen wollte, den lange geplanten Termin kurzfristig abgesagt: Wegen eines Sportunfalls – ein „eingeklemmter Nerv im Rücken“ – fällt Platzeck nach Angaben seiner Staatskanzlei für einige Tage aus. In seiner Abwesenheit fielen deutliche Worte. So vermutete der PDS-Abgeordnete und frühere Neuruppiner Bürgermeister Otto Theel als Grund für die Geheimniskrämerei, dass die Konzepte zur Wirtschaftsförderung und zu den künftigen Zentren des Landes noch zu unausgegoren sind. Theel: „Hier wird nach dem Prinzip Versuch und Irrtum regiert.“ Auch der CDU-Koalitionspartner ist befremdet. „Das ist ein Affront gegenüber dem Parlament“, so Saskia Funck, die parlamentarische Geschäftsführerin der CDU-Fraktion. Dies sei um so unverständlicher, als zu den Konferenzen in den fünf Planungsregionen Brandenburgs neben Landräten auch Vertreter von IHKs, Handwerkskammern, Bauern- und Tourismusverband, Gewerkschaften geladen seien. Funck erinnert daran, dass das Innenministerium bei der umstrittenen Gemeindereform ein anderes Verfahren mit den Abgeordneten aller Parteien praktiziert habe. CDU-Generalsekretär Sven Petke: „Man kann hinter verschlossenen Türen nicht mit dem Gesicht zum Volke sein.“ Auch die Kommunen fühlen sich ausgegrenzt. „Die Landesregierung verpasst die Chance für einen wirklich offenen Dialog. Den gibt es bisher nicht“, kritisierte auch Karl-Ludwig Böttcher, Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes. Dabei müssten gerade Bürgermeister vor Ort und konkret mit den Folgen des demografischen Wandels umgehen. Dagegen verteidigte Staatskanzleichef Clemens Appel – unterstützt von SPD-Fraktionschef Günter Baaske – die rigide Einladungspraxis: Es sei ein „normaler Vorgang“, so Appel, dass die Regierung „vor Ort geht, um sich selbst zu qualifizieren“. Veranstaltungen, die aus den Nähten platzten, seien dafür „ineffizient“. Appel verwies darauf, dass sich Abgeordnete in den Ausschüssen des Landtages mit den neuen Konzepten befassen könnten. Das Problem: Dort liegen sie noch gar nicht vor. Die nächste Standortkonferenz für die Region Havelland/Potsdam-Mittelmark ist für Freitag in Kleinmachnow angekündigt. Das Kabinett bekräftigte gestern seine Linie, es beim bisherigen Teilnehmerkreis zu belassen.

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