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Von Matthias Matern: Francotyp-Postalia startet Produktion in Wittenberge

Zunächst sollen 50 Arbeitsplätze entstehen / Geringere Lohnkosten am neuen Standort

Von Matthias Matern

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Birkenwerder - Auch ohne Förderung durch das Land Brandenburg will der Frankiermaschinenhersteller Francotyp Postalia aus Birkenwerder (Oberhavel) an seinen umstrittenen Plänen für Wittenberge (Prignitz) festhalten. „Die Standortentscheidung ist gefallen. Entweder die Förderzusage kommt oder eben nicht“, sagte Hans Szymanski, Vorstandssprecher der Francotyp-Postalia-Gruppe, am Dienstag in Birkenwerder. Er bestätigte zudem Medienberichte, denen zufolge das Unternehmen bereits vor knapp zwei Wochen eine ehemalige Baumarkthalle in einem Gewerbegebiet in Wittenberge gekauft haben soll.

Wie berichtet, will Francotyp Postalia in der Prignitz noch in diesem Jahr mit der Produktion des neuen Frankiersystems „Phoenix“ beginnen. Im kommenden Jahr soll dafür die Produktion in Birkenwerder aufgegeben und ebenfalls nach Wittenberge verlagert werden. 120 Beschäftigten am derzeitigen Fertigungsstandort droht die Entlassung. In Wittenberge sollen zunächst 50 Arbeitsplätze entstehen.

Der für den Produktionsaufbau in der Prignitz gestellte Förderantrag bei der Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB) hatte jedoch Landeswirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) in eine Bredouille gebracht. Erst vergangene Woche räumte der Minister im brandenburgischen Landtag ein, dass er die Geschäftspraxis von Francotyp nicht gutheißen könne, der Antrag jedoch prinzipiell förderwürdig sei. Die Frage sei, so Christoffers, ob man ein Unternehmen aus dem Land ziehen lasse, oder ihm die Möglichkeit gewähre, seine Kapazitäten im Land zu erweitern. Mehrere deutsche und internationale Standorte hatte Francotyp für seine Produktionsverlagerung prüfen lassen. Zwischenzeitlich hieß es sogar, hinter Wittenberge stünden noch Fragezeichen. Diese sind nun offenbar ausgeräumt und damit ist auch der Druck auf Christoffers deutlich niedriger. Nicht nur die IG Metall hatte den Minister vor einer Zusage der Fördermittel gewarnt, auch mehrere Landtagsabgeordnete äußerten sich sehr kritisch. Doch nach wie vor sei nicht über den Förderantrag entschieden, hieß es gestern aus der ILB und dem Wirtschaftsministeriu. Insgesamt geht es um einen Zuschuss in Höhe von 500 000 Euro. Die Gesamtinvestition in die neue Produktionsstrecke in Wittenberge beläuft sich laut Francotyp Postalia auf etwa 2,5 Millionen Euro.

Aus Szymanskis Sicht ist die viel kritisierte Verlagerung der Fertigung für das Unternehmen überlebenswichtig. Das weltweit abnehmende Briefvolumen und die starke Konkurrenz in der onlinegestützten Postverarbeitung laste schwer auf dem Unternehmen. „Entweder man stellt seine Prozesse auf diese Entwicklung ein, oder man wird diese Phase nicht überleben“, sagte Szymanski weiter.

Neben dem neuen Frankiersystem Phoenix sollen vor allem Einsparungen das Unternehmen wieder auf die Siegerstraße führen. Durch den Abschluss neuer Arbeitsverträge sollen die Lohnkosten in Wittenberge gegenüber Birkenwerder deutlich gesenkt werden. „Dort ist die Gehaltsstruktur deutlich niedriger“, räumte Szymanski gestern ein. Während in Birkenwerder derzeit für „einfache Montagetätigkeiten“ im Schnitt noch rund 3300 Euro pro Monat gezahlt werden müssten, seien es in Wittenberge etwa die Hälfte weniger.

Die ersten zehn Mitarbeiter hat das Unternehmen nach eigenen Angaben bereits eingestellt. Sie müssen künftig länger arbeiten als im Flächentarifvertrag der IG Metall vorgesehen, bekommen dafür aber weniger Geld als von der Gewerkschaft ausgehandelt. Also keine tarifgebundenen Stellen, sondern Arbeitsplätze auf „einzelvertraglicher Basis“, räumte der Vorstandssprecher gestern ein.

Zumindest in Wittenberge wirken solche Bedingungen offenbar trotzdem attraktiv. „Die Resonanz ist extrem positiv. Ist ja auch nicht gerade eine strukturstarke Region“, meinte Hans Szymanski.

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