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Jugendliche campen seit Montag (17.10.2011) in Potsdam auf einer Wiese am Fuße des Landtages auf dem Brauhausberg. Bis zur Entscheidung des Landtages zum Haushaltgesetz wollen Schüler, Lehrer und Eltern in dem Camp aus Zelten und Containern gegen die drohenden Kürzungen bei der Bildung protestieren.

© Bernd Settnik dpa

Kürzung der Zuschüsse: Freie Schulen drohen Land mit Verfassungsklage

Das Land will die Zuschüsse für freie Schulträger drastisch kürzen. Dagegen wehren sich die freien Schulen und kündigen eine Verfassungsklage an, sollte das Sparpaket vom Landtag beschlossen werden. Denn: Ein Gutachter hält geplante Neuregelungen für verfassungswidrig.

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Potsdam - Die freien Schulen in Brandenburg wollen die ab Herbst 2012 geplanten staatlichen Zuschusskürzungen notfalls mit einer Verfassungsklage stoppen. Sollten die Pläne ohne Änderungen vom Landtag beschlossen werden, müsse das Land mit einer Klage rechnen, sagte der Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft freier Schulen, Detlef Hardorp, am Mittwoch in Potsdam. Der Landtag befasst sich am Donnerstag in einer Experten-Anhörung mit den geplanten Neuregelungen.
Einem neuen Gutachten des Bochumer Instituts für Bildungsforschung und Bildungsrecht zufolge sind die Pläne verfassungswidrig. Das Ausmaß der Kürzungen werde zu Schulgelderhöhungen führen, sagte Thomas Langer, wissenschaftlicher Leiter des An-Instituts der Ruhr-Universität Bochum, bei der Vorstellung des Gutachtens am Mittwoch. Damit werde die grundgesetzliche Garantie der Finanzierung von Privatschulen und das Verbot, Kindern aus armen Familien den Besuch freier Schulen zu verwehren, verletzt.
Eine stärkere Finanzierung der Schulen durch Spenden oder Sponsoren sei unrealistisch, betonte Langer. Die Landesregierung müsse nun eine realistische Neuberechnung der Zuschüsse vornehmen, um eine verfassungskonforme Regelung zu treffen. Die Studie wurde im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft freier Schulen in Brandenburg erstellt. Träger des 1996 gegründeten Instituts ist ein privatrechtlicher Verein in Hannover.
Das Land plant ab Herbst 2012 Zuschusskürzungen von rund 20 Prozent bei Grund- und Oberschulen, aber auch eine Erhöhung der Zuschüsse um rund sechs Prozent für Gymnasien in freier Trägerschaft.
Verglichen mit den bisherigen Regelungen sollen die freien Schulen damit nach Angaben des Bildungsministeriums bis 2015 rund 50 Millionen Euro weniger Zuschüsse erhalten. Brandenburg liegt nach Einschätzung der Arbeitsgemeinschaft freier Schulen bei der Finanzierung der Privatschulen bislang bundesweit im Mittelfeld.
Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft, Christoph Schröder, erteilte Schulgelderhöhungen eine Absage und kündigte zugleich eine verstärkte Werbung der Privatschulen um mehr Schüler an. Die Schulen würden „alle Möglichkeiten nutzen, um nicht vor den Konkursrichter zu gehen“, sagte der ehemalige Direktor des evangelischen Gymnasiums in Potsdam-Hermannswerder. „Man wird mit einem erheblichen Überlebenswillen rechnen müssen.“ Schulschließungen seien dennoch zu erwarten.
Schröder warnte zugleich davor, dass mögliche Schließungen freier Schulen in berlinfernen Regionen, wo Eltern freie Schulen gegründeten hatten, nachdem das land dort die Schulen geschlossen hatte,  dort auch den Trend zur Abwanderung verstärken könnten. Der Staat müsse sich in bevölkerungsarmen Gegenden mit geringen Schülerzahlen für Kooperationen staatlicher und freier Schulen als „Public Private Partnership“ öffnen, forderte Langer.

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Die Neuregelungen im Haushaltsbegleitgesetz des Landes sollen voraussichtlich im Dezember vom Parlament verabschiedet werden. Gegen die Pläne wird seit Montag auch mit einem kleinen „Bildungscamp“ am Landtag in Potsdam protestiert, ein Veranstaltungsprogramm soll am kommenden Montag starten. In Brandenburg werden derzeit 130 der rund 900 allgemeinbildenden Schulen von freien Trägern betrieben.

In Potsdam demonstrieren Eltern, Schüler und Lehrer freier Schulen seit Montag am Brauhausberg gegen die Kürzungspläne mit einem Bildungscamp. Sie wollen dort ausharren, bis Mitte Dezember der Landtag über die Kürzungen abstimmt.

Die Linksfraktion im Landtag hat die geplanten Kürzungen bei den freien Schulen im Landeshaushalt für 2012 am Dienstag verteidigt. Sie seien notwendig, um ein Gleichgewicht in der Finanzierung im Verhältnis zu öffentlichen Schulen herzustellen, sagte Fraktionschefin Kerstin Kaiser. epd/PNN

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