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Flughafen-Desaster: Frühe Warnungen wurden ignoriert

Planer wiesen die Flughafengeschäftsführung auf Probleme hin. Der entsprechende Controllingbericht an Aufsichtsrat wurde geschönt.

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Potsdam/Berlin - Beim BER-Eröffnungsdesaste hat es schon wesentlich früher Warnungen gegeben, dass der Termin gefährdet sei, als bisher bekannt war. Zu den Warnern gehörten nach PNN-Informationen auch die mit der Bauüberwachung beauftragten Architekten, deren Vertrag nach der kurzfristigen Verschiebung der für den 3. Juni 2012 vorgesehenen Inbetriebnahme des Flughafens von der Flughafengesellschaft gekündigt worden ist.

In einem Bauüberwachungsbericht der Planungsgemeinschaft Flughafen Berlin Brandenburg International vom Januar 2012 sind neun rote Pfeile für mehrere Bereiche verzeichnet, die zeigen, dass die Ziele nach aktuellem Stand nicht erreicht werden. Daraus wurden im folgenden Controllingbericht vom März 2012 an den Aufsichtsrat durchweg gelbe Ampeln, die signalisieren, dass es Probleme gibt, diese aber lösbar seien, obwohl sich am Sachstand nichts geändert hatte. Bisher war den Planern – den Architekturbüros gmp (von Gerkan, Marg und Partner) sowie JSK – vorgeworfen worden, sie hätten zu spät auf Probleme hingewiesen. Sie wollten sich wegen einer inzwischen eingereichten Klage der Flughafengesellschaft, die einen Schaden von 80 Millionen Euro geltend macht, nicht äußern.

Rote Pfeile gab es in dem Überwachungsbericht bei den Bereichen Gebäudeautomation, Sicherheitssysteme sowie für die Position Heizung, Kühlung, Lüftung, Sanitär. Dort heißt es: „Inbetriebnahme und Gesamtablauf kritisch, besonders für Sicherheitstechnische Anlagen.“ Und bei den Sicherheitssystemen heißt es: „Fertigstellung sicherheitsrelevanter Anlagen (Türen, Brandfall) auf kritischem Weg.“ Empfänger des Berichts war der Planungs- und Baubereich der Flughafengesellschaft. Zu klären, wie es zur Ampelschaltung kam, gehört zu den Aufgaben des Untersuchungsausschusses des Berliner Abgeordentenhauses.

Flughafensprecher Ralf Kunkel sagte, es sei unstrittig, dass es im Baubereich der Flughafengesellschaft Unzulänglichkeiten gegeben habe. Insider berichten, die verschiedenen Stufen der Berichterstattung über den Stand der Arbeiten hätten häufig nicht zusammengepasst. Die Vorgänge im Baubereich würden nun „im Detail“ aufgearbeitet, sagte Kunkel. Den Bericht der Bauüberwacher mit den roten Pfeilen kenne er nicht. Im Aufsichtsrat jedoch musste sich die BER-Geschäftsführung bereits kurz nachdem die Eröffnung geplatzt war dazu erklären, warum in den Controllingberichten alle wichtigen Signale nur auf Gelb standen, nicht aber auf Rot. Wie aus den Aufsichtsrats-Protokollen hervorgeht, wie aber auch aus Flughafenkreisen zu hören ist, verteidigten der damalige, inzwischen aber entlassene Technik-Chef Manfred Körtgen und der Ex-Projektleiter für den Terminalausbau, Joachim Korkhaus, dass die roten Warnsignale nicht im Controllingbericht für den Aufsichtsrat auftauchten. Demnach seien sie in der Gesamtschau zu dem Ergebnis gekommen, dass der Eröffnungstermin Anfang Juni zu halten ist.

Der Grünen-Fraktionschef im brandenburgischen Landtag, Axel Vogel, hält den Vorgang sogar für strafrechtlich relevant. Körtgen sei als damaliger Baubereichschef verantwortlich. „Wenn der Aufsichtsrat so getäuscht worden ist, müsste er eigentlich Strafanzeige stellen“, sagte Vogel am Sonntag. Entlastet sieht er den Aufsichtsrat aber nicht. Auch CDU-Fraktionschef Dieter Dombrowski sieht den Aufsichtsratsvorsitzenden, Berlins Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit, und Vize-Aufsichtsratschef, Brandenburgs Regierungschef Matthias Platzeck (beide SPD), weiter in Erklärungsnot. Ihnen wirft er Gutgläubigkeit vor. „Der Aufsichtsrat hat alles gerne geglaubt.“ FDP-Landeschef Gregor Beyer spricht auch von einer Täuschung. „Das zeigt, dass Körtgens Entlassung richtig war.“

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