Von Alexander Fröhlich: Für 50 Gramm Speed getötet
Geschlagen, stranguliert, angezündet - zwei Männer aus Brandenburg/Havel stehen wegen eines Doppelmords im Drogenmilieu vor Gericht
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Potsdam - Die Mutter will nur eines wissen: Wann genau, an welchem Tag ist ihr Sohn gestorben? Da war er gerade einmal 21 Jahre alt. „Es geht darum, welcher Tag auf dem Grabstein stehen soll“, sagt Anwalt Veikko Bartel. Er vertritt die Mutter als Nebenklägerin im Prozess gegen die mutmaßlichen Mörder ihres Sohns.
Die beiden 26 und 27 Jahre alten Männer müssen sich seit gestrigem Dienstag vor dem Landgericht Potsdam verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft den mehrfach vorbestraften Männern Mord, schweren Raub mit Todesfolge und Geiselnahme vor. Im Juli 2010 sollen sie einen Drogendealer und dessen Begleiter geschlagen, gefesselt und zeitgleich mit einem Elektrokabel stranguliert haben. Die Körper der Opfer sollen sie in Bettlaken gehüllt im Keller versteckt haben. Dabei war einer der jungen Männer noch am Leben. Und er machte eine tagelange Qual durch, die am Abend des 19. Juli 2010 begann und in der Nacht zum 22. Juli grausig in den Flammen endete. Die Angeklagten sollen die Körper auf einem Schulhof in Brandenburg/Havel mit Brennspiritus übergossen und angezündet haben. Gerichtsmediziner fanden später heraus, dass eines der Opfer noch lebte und erst durch die Flammenhitze und den giftigen Rauch starb. Feuerwehrmänner fanden die völlig verkohlten Leichen der 21 und 22 Jahre alten Opfer nach einem Brand an einer Turnhalle.
Staatsanwaltschaft Peter Petersen sagte, die Angeklagten hätten das Drogengeschäft des 22 Jahre alten Opfers übernehmen wollen. Daher sollen sie den 22-Jährigen unter dem Vorwand, Drogen kaufen zu wollen, in eine Wohnung gelockt haben. Er kam aber gemeinsam mit seinem Freund, einem 21-Jährigen, dessen Mutter nun auf Antwort nach dem Todestag wartet. „Der Sohn meiner Mandantin war zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort“, sagte Anwalt Bartel. In der Wohnung sollen die beiden Angeklagten ihre Opfer bedroht und mit einer Schreckschusspistole geschlagen haben. Schließlich ging der Hauptangeklagte mit dem 22–jährigen Dealer zu dessen Drogenversteck. Die Beute war nicht groß: 50 Gramm Speed, eine Tüte voll Ecstasy, noch wenige Modedrogen. Wieder in der Wohnung legten die Angeklagten ihre Opfer gefesselt auf den Bauch, knieten sich auf deren Rücken, legten ihnen Kabel um den Hals und zogen zu. Anwalt Bartel sagt: „Man denkt sich, so etwas gibt es doch nur im Fernsehen. Warum müssen für so ein paar Gramm Speed nur Menschen sterben?“
Der Vorsitzende Richter Frank Tiemann erklärte gleich am ersten Prozesstag: „Ihnen droht nun eine lebenslange Freiheitsstrafe.“ Der Richter aber ist schon froh, dass er den Prozess überhaupt so schnell eröffnen konnte – acht Monate nach der Tat. Eigentlich wäre die Sechs-Monats-Frist für die Untersuchungshaft der beiden Angeklagten schon abgelaufen. Aber zwischendrin saßen beide noch wegen anderer Freiheitsstrafen im Gefängnis ein, weil sie Geldstrafen nicht bezahlt hatten.
Für den Prozess wurden zunächst 14 weitere Verhandlungstermine bis Ende Juni festgelegt. Insgesamt 40 Zeugen und vier Sachverständige sind geladen. Mit Spannung wird erwartet, ob der 27-Jährige vor Gericht aussagt und sein bei der Polizei abgelegtes Geständnis wiederholt. Es hatte sich wenige Tage nach der Tat bei der Polizei gestellt. Den Komplizen fassten die Fahnder in Sachsen. Das Verfahren soll am kommenden Dienstag fortgesetzt werden.
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