Brandenburg: Gefühlter Kern
Autobahndreieck Wittstock/Dosse e.V. ignoriert Kreisgrenzen und will politische Anerkennung
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Wittstock - Der Briefkopf nimmt es schon vorweg: „Wachstumskern Autobahndreieck Wittstock/Dosse e.V.“ steht da – und Mike Blechschmidt hofft, dass die Region eines Tages dieses Etikett offiziell tragen darf. Der Unternehmer vertritt einen Verbund von 36 Firmen in der Region, deren Palette vom Handwerksbetrieb bis zum „Global Player“ reicht. Gemeinsam mit den Kommunen Pritzwalk, Wittstock, Heiligengrabe und Meyenburg bilden sie seit 2005 eine Arbeitsgemeinschaft. Ihr Ziel ist es, mit den bislang 15 regionalen Wachstumskernen gleichzuziehen, die das Land gemäß seinem Förderprinzip „Stärken stärken“ festgelegt hat.
Zur Bilanz im Norden gehören eine vor geraumer Zeit veranstaltete Ausbildungsmesse („Jobstart“) sowie das Projekt „Prignitzer Nachwuchspool“, um jungen Leuten eine Perspektive in der Heimat zu bieten. Da bewerben sich junge Gymnasiasten zu bestimmten Themen bei einer Jury und können als Preis die Betreuung durch ein Unternehmen als Mentor gewinnen. Ihnen winken damit Praktika, Unterstützung während des Studiums und sogar ein Arbeitsplatz. „Eine Kette, die funktioniert“, sagt Blechschmidt. „Und die hilft, junge Fachkräfte in der Prignitz zu halten und wieder zurückzuholen.“ Und dann ist da noch die „Präsenzstelle“ der Fachhochschule (FH) Brandenburg in Pritzwalk. Deren früherer Präsident Rainer Janisch habe einmal vor fünf Jahren festgestellt, dass an seiner Fachhochschule mehr Tunesier als Prignitzer studierten, erinnert Blechschmidt. Dank des FH-Ablegers seien mittlerweile aus einstmals vier studierenden Prignitzern in drei Jahren 40 geworden. Die Präsenzstelle hat der Wachstumskern e.V. unter Federführung von Heiner van de Loo, Geschäftsführer des Pritzwalker Zahnradwerks, ins Leben gerufen. Zur Finanzierung wurden innerhalb kürzester Zeit bei Unternehmen und Kommunen 65 000 Euro eingesammelt; heute trägt das Land 75 Prozent der Kosten.
Die Berufsausbildungsinitiative Pritzwalk (BIP) wiederum fördert besonders junge Begabte. „Wir investieren in Bildung, in Fachkräftesicherung, nicht in Beton“, unterstreicht Blechschmidt. Um Gelder effizienter einzusetzen, haben die Städte Pritzwalk und Wittstock, die Gemeinde Heiligengrabe sowie das Amt Meyenburg – alle vier Mitglieder im Verein – ein „kooperierendes Mittelzentrum in Funktionsteilung“ gegründet. Dabei spielt die unterschiedliche Kreiszugehörigkeit kaum noch eine Rolle. „Wir ignorieren die Kreisgrenzen und arbeiten in einer historisch gewachsenen Region auch über diese Grenzen hinweg zusammen“, sagt der Erste Beigeordnete in Pritzwalk, Reiner Greve. Derweil ist der Aufschwung in der Region nicht zu übersehen: mehr als 3000 industrielle Arbeitsplätze wurden bereits geschaffen und 90 Millionen Euro Investitionen sind in diesem Jahr geplant; das Gewerbegebiet Heiligengrabe ist zu hundert Prozent ausgelastet. „Wir fühlen uns als Wachstumskern, mit dem unbändigen Streben der Unternehmer nach vorn, ohne Hemmnisse einer Verwaltung. Schnell, innovativ, flexibel – so sehen wir uns und wir verlangen vom Land die politische Anerkennung“, sagt Blechschmidt. Thomas Bein
Thomas Bein
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