Brandenburg: Gegen Schulhof-Mobbing
Verein will Gewaltprävention in Lehrplänen
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Brandenburg/Havel - Fünf Monate lang hat ein 15-jähriger aus Brandenburg/Havel die Schule geschwänzt. Er traute sich nicht mehr in den Unterricht, weil er täglich Hiebe von seinen Mitschülern einstecken musste. Heute lernt er in einer neuen Klasse, seine Klassenkameraden achten ihn. Auf Bitten von Streetworkern und der Eltern des Jungen wurde als Vermittler Peter Pflock tätig. Der Lehrer für Selbstverteidigung unterrichtet im Karate-Team Mittelmark Jugendliche in Kampfsportarten und setzt sich seit Jahren ehrenamtlich für Gewaltprävention ein. Unter dem Motto „Kinder stark machen“ hat er mit seinem Verband für Gewaltprävention, Deeskalation und Selbstverteidigung eine Konzeption entwickelt, die Einzug in die Rahmenlehrpläne halten soll.
„Ab der 1. Klasse sollen Kinder lernen, wie man Konfliktsituationen löst - egal, ob sie Täter oder Opfer sind“, sagt Pflock. Doch auch Lehrer sollen geschult werden, der Gewalt auf Schulhöfen entgegentreten zu können. Ziel des Vereins ist es, an jeder Schule einen Raum und Ansprechpartner zur Verfügung zu stellen. Zudem sollen die Schüler der 1. bis 10. Klassen zwölf Mal pro Halbjahr durch spielerische Aktionen Konfliktmanagement lernen.
In den vergangenen vier Jahren haben Pflock und sein Verein mit mehr als 1000 Kindern in Rollenspielen geübt, wie man sich verhält, wenn einem Gewalt angedroht wird oder man Zeuge von Gewalt gegen andere wird. „Das Defizit auf diesem Gebiet ist groß“, so Pflock. „Im Stress wissen die wenigsten, welches die Notruf-Nummer der Polizei oder ihre eigene Telefonnummer ist“, sagt er. Auch sei vielen nicht bewusst, dass in solchen Situationen die eigene Stimme die stärkste Waffe sein kann. „Wir proben Hilfe-Rufe und schulen auch die Beobachtungsgabe der Kids“, erläutert Pflock. Damit üben die Schüler, ihre Umgebung stets aufmerksam wahrzunehmen. Im Notfall können sie dann die Täter beschreiben.
Bis Ende des Jahres will der Verein mit wissenschaftlicher Begleitung der Fachhochschule Brandenburg/Havel ein Curriculum erarbeiten, das als Grundlage für die Schulung künftiger Multiplikatoren für das Projekt dienen soll. Dazu wollen die Initiatoren, unterstützt von Brandenburgs Oberbürgermeisterin Dietlind Tiemann (CDU), Fördermittel bei der Sparkassen-Stiftung beantragen.
Doch das Projekt stößt auch auf Widerstand. „Den Machern fehlt die notwendige fachlich-pädagogische Qualifikation, um solch ein Projekt bundesweit anzugehen“, gibt der ausgebildete Mediator Frank Gerstmann zu bedenken, der als Diplomsozialarbeiter an einem Beruflichen Trainingszentrum in Brandenburg/Havel arbeitet. Auch hätte er eine Kooperation mit der auf Sozialwissenschaften spezialisierten Potsdamer Fachhochschule passender gefunden. Gerstmann plädiert dafür, bei der weiteren Ausarbeitung der Konzeption Institutionen mit ins Boot zu holen, die sich ebenfalls mit dem Thema Gewaltprävention auseinander setzen wie die Polizei oder Suchberatungsstellen. In den kommenden Tagen wollen Pflock und Gerstmann gemeinsam über den Aufbau eines passenden Netzwerks nachdenken.
Die Schulleiterin der Brandenburger Nicolaischule, Marina Eckhardt, hat gute Erfahrungen mit der Präventionsarbeit gemacht: „Der Verein hat sich eine Weile um eine 7. Klasse gekümmert, in der es große Probleme der Schüler untereinander gab.“ Die Schüler hätten gelernt, ihre Konflikte mit Worten zu lösen. Beatrice George
Beatrice George
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