Brandenburg: Gegendemo am Tag gegen Rassismus Neonazis wollen in Oranienburg marschieren
Oranienburg - Ausgerechnet zum internationalen Antirassismustag wollen bis zu 100 Rechtsextremisten am Sonntag in Oranienburg aufmarschieren. Eine gezielte Provokation – denn die örtliche Antifa-Gruppe demonstriert am gleichen Tag gemeinsam mit lokalen Initiativen gegen „alltäglichen und staatlichen Rassismus“.
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Oranienburg - Ausgerechnet zum internationalen Antirassismustag wollen bis zu 100 Rechtsextremisten am Sonntag in Oranienburg aufmarschieren. Eine gezielte Provokation – denn die örtliche Antifa-Gruppe demonstriert am gleichen Tag gemeinsam mit lokalen Initiativen gegen „alltäglichen und staatlichen Rassismus“. Gestern erteilte die Polizei für beide Demonstrationen strenge Auflagen. Mit einem Großaufgebot solle ein Aufeinandertreffen beider Demonstrationen, die zeitlich versetzt stattfinden, verhindert werden.
Wegen des Neonazi-Aufzugs bekommt die linke Gruppierung nun zwar stärkeren Rückhalt, mit etwa 400 Teilnehmern wird gerechnet. Allerdings wird deren Motto nicht von allen geteilt, besonders im Rathaus sorgt es für Unmut. Bürgermeister Hans-Joachim Laesicke (SPD) will nicht offiziell zur Teilnahme aufrufen, für ihn geht die linke Antifa zu weit. „Hier wird Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) angegriffen, dass können wir als Stadt, als staatliche Institution nicht unterstützen“, sagt Rathaussprecher Björn Lüttmann. Seinem Chef ist der Aufruf der Gruppe „in Sprache und Illustration“ zu martialisch. Auch der Stadt selbst werde damit Rassismus unterstellt.
Dabei kritisieren die Antifaschisten nichts Ungewöhnliches: Es geht um die Residenzpflicht und das Chipsystem bei Einkäufen für Asylbewerber in Brandenburg. Sie dürfen im Supermarkt nicht mit Bargeld bezahlen, dürfen ihren Landkreis kaum verlassen. Der Flüchtlingsrat des Landes kritisiert die Vorgaben der Landesregierung für Asylbewerber seit langem und will am heutigen Freitag in Potsdam eine Studie vorstellen, die zu dem Schluss kommt, dass die Residenzpflicht Menschenrechte verletzt.
Selbst der Oranienburger Theologe Bernhard Fricke, Sprecher des Oranienburger Forums gegen Rassismus und rechte Gewalt, sagt, die Antifa weise auf ein wichtiges Problem von Migranten in Brandenburg hin. Das Anti-Rassismus-Bündnis jedenfalls rufe alle Demokraten zur Teilnahme am Protestzug auf.
Seit 1997 machen Bewohner Oranienburgs jedes Jahr im März zum Antirassismustag Aktionen und zeigen mit einer Demo Flagge gegen Rechtsextremismus und Rassismus. Dass Bürgermeister Laesicke nun erstmals nicht dazu aufruft, liegt nicht nur an der drastischen Kritik an der Flüchtlingspolitik. Oranienburg stehe für Toleranz und Vielfalt, betont sein Sprecher Lüttmann. Tatsächlich hat der Bürgermeister in den vergangenen Tagen mehrmals gesagt, dass linksextreme Autonome aus Berlin in seiner Stadt für Unruhe sorgen könnten. Das Bild von brennenden Mülltonnen und Randalen geistert durchs Rathaus. Die Antifa widerspricht: „Wir wollen friedlich demonstrieren, sind nicht auf Gewalt aus.“ Auch Forumssprecher Fricke meint, wenn viele Bürger kämen, brauche niemand Angst vor dem schwarzen Block zu haben. Ohnehin wächst der Zuspruch für den Antifa- Aufzug, seitdem bekannt ist, dass die Neonazis unter der Losung „Kein Platz für linke Chaoten in Oranienburg“ durch die Stadt ziehen wollen und im Internet dazu aufgerufen haben, „konsequent und kreativ die Zecken zu stören“. Die Extremisten von Rechts nennen sich selbst „Freie Kräfte Oberhavel“, eine bislang unbekannte Gruppierung.
„Das zeigt wieder, dass wir was tun müssen“, sagt der Kommunalpolitiker Reiner Tietz (Linke). Im vergangenen Jahr habe es 108 politische motivierte Straftaten von Rechts in Oberhavel gegeben. „Wir wollen am Sonntag auch klar machen, es gibt hier keinen Platz für Neonazi.“ Alexander Fröhlich
Alexander FröhlichD
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