zum Hauptinhalt
Neues CDU-Führungsduo: Landesvorsitzende Johanna Wanka und der künftige Generalsekretär Dieter Dombrowski.

© ddp

Von Michael Erbach: „Gehörig neben der Spur“

Dombrowski provoziert Koalitionspartner / Misstrauen nach Machtwechsel in der märkischen Union

Stand:

Potsdam – Wirbel um Äußerungen des designierten Generalsekretärs der brandenburgischen CDU, Dieter Dombrowski: In einem Interview der westhavelländischen Lokalausgabe der Märkischen Allgemeinen (MAZ) hatte Dombrowski SPD-Ministerpräsident Matthias Platzeck auf eine Stufe mit den „Nichtdemokraten“ Castro in Cuba und Chavez in Venezuela gestellt. Grund für die Aussage sollen Äußerungen von Platzeck über einen dritten Weg zwischen Kapitalismus und Sozialismus sein. Dombrowski hatte geäußert: „Wer die soziale Marktwirtschaft ablehnt, stellt die Systemfrage.“

SPD-Generalsekretär Klaus Ness reagierte empört auf Dombrowskis Aussage in dem Lokalteil, die bis gestern in der Hauptausgabe der MAZ keine Erwähnung fand. „Gleich in seinem ersten Interview den Ministerpräsidenten seines Bundeslandes und Koalitionspartner mit Diktatoren zu vergleichen, zeigt, dass dieser Mann gehörig neben der Spur ist“, so Ness. Falls dies der neue Stil der Brandenburger CDU sei, müsse sich die CDU vorwerfen lassen, „mutwillig die demokratische Kultur in Brandenburg zu zerstören“. Dombrowski habe sich den Start in sein neues Amt „gehörig vermasselt“. Zugleich bekräftigte Ness, dass Platzeck „zu keinem Zeitpunkt die soziale Marktwirtschaft abgelehnt hat“.

Die Attacke von Dombrowski gegen Platzeck ist nicht der erste Angriff der CDU auf das Politikverständnis des SPD-Politikers. In der Landtagsdebatte zur Finanzmarktkrise am vergangenen Mittwoch war von Platzeck zwar der Begriff „dritter Weg“ gefallen, dem Protokoll der Landtagssitzung ist jedoch zu entnehmen, dass er nach einer kritischen Zwischenbemerkung der CDU-Landtagsabgeordneten Saskia Funck betont hatte: „Ich habe nicht zur Revolution aufgerufen.“ Vielmehr sei auf dem Finanzsektor ein „entfesselter Kapitalismus“ zu erleben gewesen. Das Pendant dazu wäre sozialistische Marktwirtschaft. Aufgabe müsse es sein, zwischen diesen beiden Polen „immer wieder eine vernünftige Balance zu suchen“. Platzeck in der Debatte: „Ich stehe sehr klar auf dem Boden der sozialen Marktwirtschaft.“

Kulturministerin Johanna Wanka und Dieter Dombrowski hatten am Montag nach dem Rücktritt von Ulrich Junghanns als Parteichef die Führung in der märkischen CDU übernommen. Dem Führungswechsel waren monatelange Querelen vorausgegangen, bei denen sich zwei verfeindete Lager um Junghanns und Partei-Vize Sven Petke eine öffentliche Schlammschlacht geliefert hatten.

Dass Wanka, die dem Junghanns-Lager zugerechnet worden war, jetzt an der Spitze der Partei steht, wird von den anderen Parteien – anders als es die CDU erklärt – nicht als Neuanfang gewertet. SPD-Generalsekretär Ness sagte, dass das geschnürte Personalpaket noch längst nicht alle offenen Fragen in der Union beantworte. Die Vorsitzende der oppositionellen Linksfraktion im Landtag, Kerstin Kaiser, nannte die Personalentscheidungen „längst überfällig“, es blieben jedoch beträchtliche Unklarheiten. „Unter der Decke werden Auseinandersetzungen weitergeführt.“ Grünen-Landeschef Axel Vogel erklärte, die brandenburgische CDU sei weiterhin gespalten. „Wohin ihr Weg führt, ist völlig offen.“ FDP-Landesvorsitzender Heinz Lanfermann: „Der Friede zwischen zwei Lagern sieht anders aus.“

Grund für das Misstrauen ist die Tatsache, dass Landeschefin Wanka praktisch ausschließlich von Vertretern des Petke-Lagers umgeben ist – „umzingelt“, wie es hieß. Neben Generalsekretär Dombrowski zählen dazu unter anderem der neue Schatzmeister Christian Ehler und die Kandidatin für den frei gewordenen Posten des Vize-Landeschefs, Saskia Funck. Selbst auf Bundesebene wird die märkische Union von einer Petke-Vertrauten im Bundesvorstand vertreten – die Potsdamer CDU-Kreisvorsitzende Katherina Reiche ist die Ehefrau von Petke. Wanka selbst nimmt als Landesvorsitzende zumindest an den Sitzungen des Bundesvorstandes teil.

Michael Erbach

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })