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Von Alexander Fröhlich: Geldstrafe für Rechtsextremisten nach Attacke auf Journalistin

Bundesführer des rechtsextremistischen Vereins „Heimattreue Deutsche Jugend“ (HDJ), Sebastian R., griff in Supermarkt an

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Zossen/Berlin - Der Bundesführer des rechtsextremistischen Vereins „Heimattreue Deutsche Jugend“ (HDJ), Sebastian R. aus d Reichenwalde, kommt für seinen Angriff auf die Journalisten Andrea Röpke im November 2006 mit einer Geldstrafe von 3000 Euro davon. Das Amtsgericht Zossen verurteilte den 33-Jährigen gestern wegen gefährlicher Körperverletzung im minderschweren Fall. Das Verfahren gegen den Mitangeklagten Friedrich T. wurde abgetrennt, da seine Tatbeteiligung vorerst nicht nachgewiesen werden konnte. Es soll einen Fotografen daran gehindert haben, der Journalistin zu helfen.

Als einen Angriff auf die Pressefreiheit wertete der Vorsitzende Richter Wolfgang Böhm die Attacke des Neonazis auf Röpke. Eine politische Motivation wollte er jedoch nicht erkennen. Allerdings wäre es zu der Tat ohne den politischen Hintergrund nie gekommen – nämlich die Aktivitäten der HDJ.

Röpke hatte in Blankenfelde aus sicherer Entfernung ein Treffen des Vereins gefilmt. Dort hatte die HDJ in einem Lokal ihren „Märkischen Kulturtag“ mit mehr als 200 Teilnehmern abgehalten, darunter zahlreiche Frauen, Kinder sowie NPD-Funktionäre. Röpke berichtet seit Jahren über den Verein, der Kinder und Jugendliche in konspirativen Zeltlagern ideologisch und paramilitärisch drillt. Experten betrachten die HDJ als „lupenreinen Neonaziverein“ mit Uniform und antisemitischen Denkmustern, der ideologisch an nationalsozialistische Elite-Organisationen anknüpfe. Für ihre Recherchen ist Röpke mehrfach ausgezeichnet worden.

Sebastian R. soll nach Ansicht des Gerichts die Journalistin und ihren Fotografen in Blankenfelde bemerkt und bei bis in einen nahe liegenden Supermarkt verfolgt haben. Dort habe er Röpke zu Boden geschubst und geschlagen. Sie zog sich Schwellungen, Hämatome und ein blaues Auge zu. Obwohl der Supermarkt gut besucht war, schritt von den Kunden niemand ein. Röpke hatte mehrere von ihnen vergeblich um Hilfe und eine Aussage gebeten. Auch vor Gericht trugen gestern drei Zeugen – Marktpersonal und ein Kunde – wenig zur Aufklärung bei. R. bestritt, die Journalistin geschlagen zu haben. „Ich wollte verhindern, dass sie Aufnahmen macht.“

Als nicht hinnehmbar bezeichnete Richter Wolfgang Böhm die Einschüchterung von Journalisten. Er mahnte den HDJ-Bundesführer: „Sie bewegen sich in der Öffentlichkeit und müssen damit leben, dass Journalisten über sie berichten.“ Es sei die Pflicht und das Recht von Journalisten zu recherchieren, das müsse sich ein politisch aktiver Mann wie R. gefallen lassen. „Mit diesem Teleobjektiv haben sie zu leben.“ Erleichtert reagierte Röpke: „Mir war wichtig, dass die Pressefreiheit so stark betont wurde.“ Dies sein ein Signal an die Rechtsextremen, damit die Hemmschwelle nicht weiter sinkt, Journalisten angreifen.

Tatsächlich hatte Röpke mit ihren Recherchen die Sicherheitsbehörden unter Druck gesetzt, nach langem Zögern gegen den Verein vorzugehen. Inzwischen droht der HDJ ein Verbot durch das Bundesinnenministerium, dem Bundestag liegt ein Verbotsantrag vor. Die Journalistin hatte nachgewiesen, dass Mitglieder der 1994 verbotenen „Wiking Jugend“ sich in der HDJ tummeln.

Erst Anfang Oktober waren in 14 Bundesländern Wohnungen und Geschäftsräume von rund hundert Personen bei einer Razzia durchsucht worden. Ein Schwerpunkt der Aktion war Brandenburg, in Birkenwerder (Oberhavel) stießen Ermittler wie berichtet auf Beweise dafür, dass der Verein eine Nachfolgeorganisation der „Wiking Jugend“ ist.

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