zum Hauptinhalt

Brandenburg: Geschlossene Gesellschaft

Die CDU-Landtagsfraktion wirft Kritikerin Anja Heinrich aus dem Vorstand. Chef Ingo Senftleben: „Wir haben gelernt“

Stand:

Potsdam - Die öffentliche Mahnung von Jörg Schönbohm, dem Ehrenvorsitzenden der märkischen Union, war vergeblich: Auf Betreiben von Partei- und Fraktionschef Ingo Senftleben hat die CDU-Landtagsfraktion am Dienstag die frühere Generalsekretärin Anja Heinrich als Vize-Fraktionsvorsitzende abgewählt. Für die Abwahl der 43-Jährigen votierten 17 Abgeordnete, vier Fraktionsmitglieder stimmten dagegen. Die Entmachtung Heinrichs, die Senftleben kurz nach seiner Wahl zum Parteichef und der Ankündigung einer neuen Geschlossenheit betrieb, hat in der Union erneut Unruhe ausgelöst.

Senftleben selbst äußerte sich am Dienstag nach der Abwahl nun erstmals zu der Personalie öffentlich. Konkrete Gründe, warum sie erfolgte, nannte er auf der Pressekonferenz allerdings keine. Die liegen aber, wie er deutlich machte, allein im Binnenleben der Union. „Geschlossenheit, Zusammenarbeit und Vertrauen sind keine Einbahnstraße“, sagte er. „Deshalb war eine Entscheidung notwendig.“ Er räumte ein, dass „das Außenbild der Fraktion in den letzten Tage nicht optimal war“. Und: „Wir haben gelernt.“

Nun sei es nötig „in der Fraktion neues Vertrauen aufzubauen“. Er betonte, dass Heinrich trotz der Abwahl aus der engeren Führungsspitze „zur Fraktion gehört“. Heinrich ist dort für Kulturpolitik und Religionsfragen zuständig. Mit der Nachwahl des vakanten Vize-Postens habe man „keine Eile“, betonte der Parteichef.

Senftleben, seit einem halben Jahr Chef der Landtagsfraktion, war erst Ende April auf einem vorgezogenen Sonderparteitag auch zum Vorsitzenden der Landespartei gewählt worden. Er trat die Nachfolge von Michael Schierack an, der am Ende doch noch die Verantwortung für die an seinem unglücklichen Agieren gescheiterte Regierungsbeteiligung der Union übernahm. Heinrich war es, die Schieracks Rückzug mit einem PNN-Interview ausgelöst hatte, in dem sie schonungslos Zustand, Intrigen und Kurs der Partei kritisiert hatte. Selbst direkt in den Landtag mit einem der besten Wahlergebnisse gewählt, hatte Heinrich unter anderem beklagt, dass die Listenplätze für die lukrativen Landtagsmandate in der Landes-CDU traditionell – unabhängig von Leistungen der Abgeordneten und von der Akzeptanz beim Wähler – im Zirkel der Berufspolitiker „gedealt“ würden.

Damit hatte sich Heinrich in der Landtagsfraktion, wo ihr der Tabubruch nicht verziehen wurde, keine Freunde gemacht. Sie verlor den Posten als Generalsekretärin. Hinzu kam, dass vor Senftlebens Wahl Heinrich, aber auch Vereinigungen wie die Senioren-Union vergeblich eine Mitgliederbefragung gefordert hatten, wer den Vorsitz übernehmen sollte. Gleichwohl war der Sonderparteitag mit der Neuwahl der Parteiführung glatt über die Bühne gegangen, hatte es auch von Senftleben-Kritikern keinen Aufstand gegeben. Senftleben – und Schönbohm – hatten in den Reden die nötige Geschlossenheit beschworen.

Umso größer waren die Turbulenzen, dass Senftleben in der Fraktion mit der Abwahl Heinrichs erneute innere Konflikte provozierte und es auf eine Machtprobe ankommen ließ. Der CDU-Ehrenvorsitzende Schönbohm rügte das als „Rückfall in alte Zeiten“, als „kleinlich“. Proteste gab es auch aus der Senioren-Union und der Mittelstandsvereinigung. Kritik übte auch Brandenburgs Oberbürgermeisterin Dietlind Tiemann (CDU).

Senftleben ließ auf der Pressekonferenz nachdenkliche Töne anklingen. Auf die Frage, ob es das eigentlich alles wert war, antwortete er nach kurzem Überlegen dann so: „Das werde ich im Herbst 2019 beantworten.“ Denn alles gehe darum, dass die CDU erfolgreich in die nächste Landtagswahl ziehe.

Heinrich selbst reagierte auf die „inszenierte“ Abwahl gelassen. „Mir geht es gut“, sagte sie. „Die Anerkennung in der Bevölkerung war nie größer als jetzt.“ Bekümmert sei sie allerdings darüber, wie man mit dem Wort von Jörg Schönbohm umgehe, „was auch einiges über die Parteiführung aussagt“. 

nbsp;Thorsten Metzner

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })