Brandenburg: GEW vermisst rot-rote Bildungspolitik Kabinett bringt Schüler-Bafög auf Weg
Potsdam - Noch ist Brandenburgs rot-rote Regierung keine einhundert Tage im Amt: Doch ausgerechnet bei der Bildungspolitik, dem zentralen Versprechen des SPD-Linke-Bündnisses, macht sich Ernüchterung breit. Zwar beschloss das Kabinett am Dienstag erste Eckpunkte für das neue Schüler-Bafög von monatlich 100 Euro, das Gymnasiasten aus ärmeren Familien ab kommendem Schuljahr 2010/2011 erhalten sollen, um sich davon Laptops oder Fachbücher kaufen zu können.
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Potsdam - Noch ist Brandenburgs rot-rote Regierung keine einhundert Tage im Amt: Doch ausgerechnet bei der Bildungspolitik, dem zentralen Versprechen des SPD-Linke-Bündnisses, macht sich Ernüchterung breit. Zwar beschloss das Kabinett am Dienstag erste Eckpunkte für das neue Schüler-Bafög von monatlich 100 Euro, das Gymnasiasten aus ärmeren Familien ab kommendem Schuljahr 2010/2011 erhalten sollen, um sich davon Laptops oder Fachbücher kaufen zu können.
Bildungsminister Holger Rupprecht (SPD) geht von 4800 Jugendlichen aus, die bis 2013 davon profitieren. Und SPD-Generalsekretär Klaus Ness meldete prompt ein „erfülltes Wahlversprechen“. Doch am gleichen Tag stellte – neben Kritik aus der Landtagsopposition – die einflussreiche Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) Rot-Rot in der Bildungspolitik kein gutes Zeugnis aus. Abgesehen vom „symbolpolitischen“ Schüler-Bafög sieht Landeschef Günter Fuchs kaum Bewegung, kaum Verbesserungen für die Schulen. „Es fehlt Substanz, es fehlen Leitlinien“, sagte Fuchs. Bei wichtigsten Herausforderungen, nämlich eine besseren Chancengleichheit für Kinder und Regionen und eine individuelle Förderung zu sichern, angesichts des hohen Unterrichtsausfalles die Vertretungsreserve zu erhöhen, tue auch Rot-Rot zu wenig. „Die Regierungskoalition bleibt hinter den Möglichkeiten zurück.“ Fuchs machte eine Ausnahme: Er begrüßte ausdrücklich, dass Linke-Finanzminister Helmuth Markov wenigstens mit der Mär aufgeräumt habe, dass der im Koalitionsvertrag versprochene Erhalt der jetzigen Schüler-Lehrer-Relation von 15,4 mit den ebenfalls dort versprochenen 1250 Neueinstellungen gewährleistet werden kann. Es sei bekannt, dass in dieser Legislaturperiode 4000 Lehrer ausscheiden, so Fuchs. Nach GEW-Analysen bräuchte man 1800 neue Lehrer, um diese Schüler-Lehrer-Relation zu halten, und sogar insgesamt 3000, wenn andere Versprechen des Koalitionsvertrages umgesetzt werden sollen. Dagegen sieht SPD-Fraktionschef Dietmar Woidke bereits mit der Einstellung von einigen hundert Lehrern jährlich eine neue Qualität, da dies erstmals seit 1990 geschehe. Dies werde für ein „neues Klima an den Schulen sorgen“ und für jeden Brandenburger „erlebbar werden“.
Die Kritik der Gewerkschaft ist grundsätzlicher. Fuchs verwies darauf, dass in Thüringen eine CDU-SPD-Regierung jetzt die achtjährige Gemeinschaftsschule vor dem Wechsel aufs Gymnasium einführe. In Brandenburg sei dies für ein rot-rotes Bündnis tabu, obwohl Ministerpräsident Matthias Platzeck nun schon zweimal mit der Ansage für ein längeres gemeinsames Lernen in den Wahlkampf gezogen sei, beklagte der GEW-Chef. Fuchs sprach sich ausdrücklich dafür aus, auch vor dem Hintergrund der demografischen Erfordernisse über solche neuen Bildungs-Strukturen in Brandenburg nachzudenken. „Wenn man alles weiter so machen will, braucht man kein Rot-Rot.“ Zur bisherigen Bildungspolitik der rot-roten Regierung zog Fuchs ein sarkastisches Fazit, was selbst die „Jamaika“-Opposition übertrifft: Er beobachte ein „fassungsloses Staunen, dass man eigentlich nichts tun will“.Thorsten Metzner
Thorsten Metzner D
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