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Brandenburg: Glasfaser soll altes Versprechen einlösen Rot-Rot startet neue Breitbandoffensive zunächst im Nordwesten. Der Rest folgt nach Kassenlage

Potsdam - Trotz vollmundiger Versprechen sind das Surfen und das Verschicken größerer Datenmengen im Internet in vielen abgelegenen Regionen Brandenburgs noch immer eine Geduldprobe. Dabei hatte Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) bereits im Dezember 2008 versprochen, die sogeannten weißen Flecken landesweit innerhalb nur eines Jahres im Wesentlichen zu beseitigen.

Von Matthias Matern

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Potsdam - Trotz vollmundiger Versprechen sind das Surfen und das Verschicken größerer Datenmengen im Internet in vielen abgelegenen Regionen Brandenburgs noch immer eine Geduldprobe. Dabei hatte Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) bereits im Dezember 2008 versprochen, die sogeannten weißen Flecken landesweit innerhalb nur eines Jahres im Wesentlichen zu beseitigen. Gut drei Jahre später gelten nach Angaben des Landeswirtschaftsministeriums nach wie vor 400 000 Haushalte als unterversorgt. Nur knapp 77 Prozent verfügen über Verbindungen von 6 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) und mehr. Mit ihrer 2012 beschlossenen Breitbandstrategie „Glasfaser 2020“ will die Landesregierung in den kommenden sieben Jahren nun doch noch auch abgelegenen Regionen den Sprung in das Hightech-Zeitalter ermöglichen. Ziel sind Übertragungsraten von bis zu 50 Mbit/s. Als erste Region soll der Nordwesten ans Glasfasernetz gehen.

Eine entsprechende europaweite Ausschreibung sei Anfang Februar gestartet worden, teilte Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) am Montag in Potsdam mit. Bei der Erschließung dünnbesiedelter Gebiete habe der Markt bislang versagt. Auch habe es bereits einige Breitbandinitiativen im Land gegeben, durch die zwar viel Infrastrutur geschaffen worden sei, die aber nicht genutzt werde, räumte er ein. „Deswegen hat sich die Landesregierung entschlossen, auf Basis ihres Entwicklungskonzepts Brandenburg Glasfaser 2020 die Errichtung einer glasfaserbasierten Breitband-Infrastruktur zu fördern“, so der Minister. Glasfaserleitungen gelten als Datenautobahnen des 21. Jahrhunderts.

Gesucht wird demnach zunächst ein Unternehmen, das, gefördert mit bis zu 30 Millionen Euro aus Landesmitteln und aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (Efre), die notwendigen Leitungen in den unterversorgten Gebieten der Planungsregion Prignitz-Oberhavel legt. Insgesamt gehe es etwa um 45 000 Teilnehmeranschlüsse in rund 1600 Orten und Ortsteilen. Die Planungsregionen Uckermark-Barnim und Oderland-Spree sollen als nächste Folgen. „Unser Ziel ist, dass der Ausbaus in allen drei Planungsregionen Mitte 2015 abgeschlossen ist“, sagte der Minister - allerdings unter Vorbehalt. Denn nachdem das Land wie berichtet in der kommenden EU-Förderperiode 2014-2020 deutlich weniger Fördermittel als bisher erhält, sei noch nicht abzusehen, wie viel Geld kurzfristig zur Verfügung gestellt werden könne. Dies gelte umso mehr für den Süden des Landes. Immerhin hat sich Rot-Rot das Ziel gesetzt, bis 2020 das gesamte Land ans schnelle Netz anzuschließen. Die Gesamtkosten schätzt die Landesregierung auf rund 150 Millionen Euro, wovon das Land etwa 100 Millionen Euro tragen soll.

Neu an der Strategie ist, dass kein komplettes neues Netz verlegt werden muss, sondern vorhandene Infrastruktur wie Energietrassen oder Gasleitungen genutzt werden sollen, die oft schon parallel mit einem Glasfaserkabel, etwa zu Steuerungszwecken, ausgestattet sind. Ministeriumsangaben zufolge liegen 86 Prozent aller Ortsteile in einem Korridor von nur fünf Kilometern von einer solchen Trasse entfernt. Die Betreiber von rund 10 000 Kilometern infrage kommender Leitungen hätten sich bereits bereit erklärt, ihre Netze zu öffnen.

Mit angepeilten Übertragungsraten von 6 bis zu 50 Mbit/s wäre das Internet in Brandenburg auch nach Auffassung des Branchenverbandes Bitkom zeitgemäß nutzbar. In Südkorea allerdings, dem Land mit dem schnellsten Internet, beträgt die durchschnittliche Übertragungsrate 17,5 Mbit/s. In Deutschland erreichen nur gut acht Prozent der Verbindungen Hochgeschwindigkeiten von mehr als zehn Mbit/s; damit liegt Deutschland weltweit auf Platz 17.

Von der CDU im brandenburgischen Landtag, bis zur jüngsten Wahl selbst an der Regierung beteiligt, erntet Rot-Rot Zustimmung, aber auch Spott. „Das Konzept der Landesregierung für die Breitbandversorgung ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Leider hat das Land aber – trotz der Wahlversprechen von Ministerpräsident Platzeck – in den letzten drei Jahren viel Zeit verloren“, sagte etwa Infrastrukturexperte Rainer Genilke. Der wirtschaftspolitische Sprecher, Dierk Homeyer, warnte: „An einer fehlenden schnellen Internetverbindung sind schon Investitionen in Brandenburg gescheitert. Das sollte sich der Wirtschaftsminister endlich zu Herzen nehmen. Die bislang vorgelegten Großkonzepte im Breitbandbereich sind grandios gescheitert, Millionen wurden in den märkischen Boden sinnlos versenkt.“

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