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Märkische Gefahren. In Brandenburgs Wäldern sind 18 Trupps unterwegs, die seit zwei Jahren systematisch den Boden nach Sprengstoffen absuchen. 

© Michael Urban/ddp

Von Andreas Wilhelm: Granaten, Bomben und kein Ende

Das Land wird noch über Jahrzehnte mit gefährlichen Blindgängern und alter Munition zu tun haben

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Potsdam - Der Einsatz schwerer Technik im märkischen Wald kann gefährlich werden. Denn bei der modernen Waldbewirtschaftung könnten die bis zu 15 Tonnen schweren Forst- und Rodefahrzeuge den Waldboden erschüttern und alte Sprengsätze explodieren lassen . „Wir haben wahre Schätze an Holz in unseren Wäldern“, sagt Hans-Jürgen Hohnen, Staatssekretär des Innenministeriums in Potsdam.

„Aber auch gigantische Mengen an gefährlichen Kampfmitteln, die uns noch Jahrzehnte lang beschäftigen werden.“ Seit rund anderthalb Jahren suchen deshalb Agrar- und Innenministerium gemeinsam systematisch den Waldboden nach Munition ab. Neben der Sicherheit für die Forstleute, die in knapp 400000 Euro teuren Holzerntemaschinen sitzen, soll mit der Maßnahme auch die Brandgefahr dezimiert werden. Unfälle von Waldarbeitern in Zusammenhang mit Munition habe es aber in Brandenburg noch nicht gegeben, heißt es vom Landesforstbetrieb. Dafür klagen besonders die freiwilligen Feuerwehren über Gefahren bei Löscharbeiten in einstigen Übungswäldern oder in den Regionen, in denen am Ende des Zweiten Weltkrieges schwere Schlachten tobten. Dort würde bei Bränden regelmäßig Altmunition explodieren und die Feuerwehrleute in Gefahr bringen.

Denn immerhin ist Brandenburg das am stärksten mit Altmunition belastete Bundesland. Noch immer, 64 Jahre nach Kriegsende, ist der Brandenburger Boden förmlich gespickt mit gefährlichen Kampfmitteln. 400000 Hektar gelten als Verdachtsflächen. Das sind 13 Prozent der Landesfläche. Wie viele Granaten, Bomben und Raketen mehr als sechs Jahrzehnte nach Kriegsende noch im Boden lagern, zeigen die Ergebnisse des Kampfmittelbeseitigungsdienstes, kurz KMBD, des Zentraldienstes der Polizei. Bei rund 2000 Einsätzen, zu denen die Spezialisten jedes Jahr gerufen werden, beräumen oder sprengen sie rund 300 bis 400 Tonnen. Vor allem die Region um die Seelower Höhen (Märkisch Oderland), der Kessel von Halbe (Dahme-Spreewald), wo die schlimmsten Schlachten stattgefunden haben oder in Oranienburg, wo alliierte Bomber gigantische Mengen Sprengsätze auf Munitionsfabriken geworfen haben, machen dem KMBD heute am stärksten zu schaffen.

Einen Durchschnitt, wie viel Munition in Brandenburg pro Hektar unter der Erde lauert, lässt sich Horst Reinhardt zufolge, der technischer Leiter des KMBD ist, nicht errechnen. Zu unterschiedlich seien die Fundmengen: „Manchmal bergen wir Kistenweise Patronen, die in Schützengräben zurück gelassen wurden“, sagt Reinhardt. Aber auch Granaten, Fünf-Zentner-Bomben, Panzerminen und die berühmten Katjuscha-Raketen aus der „Stalin-Orgel“ finden die Einsatzkräfte zuhauf. „In den am stärksten belasteten Flächen“, sagt Reinhardt, „gibt es keinen Quadratmeter ohne Fundmunition.“

Andreas Wilhelm

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