Brandenburg: Häftling der JVA Dissenchen auf der Flucht
Gefangener verschwand beim Toilettengang durch das Fenster – CDU fordert Aufklärung von Justizminister Schöneburg
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Bad Liebenwerda/Potsdam - Ein Häftling ist bei einem Besuch der Großmutter in Bad Liebenwerda (Elbe-Elster) geflohen. Der 30 Jahre alte Mann war dabei in Begleitung von zwei Beamten, wie der stellvertretende Sprecher des Justizministeriums, Ronald Pienkny, am Sonntag sagte. Der Gefangene, der sich auf einer sogenannten Ausführung befunden habe, habe kurz vor Ende des Besuches gesagt, dass er noch einmal auf die Toilette müsse – und sei kurzerhand aus dem Fenster getürmt. Die Beamten seien nicht in dem Raum gewesen. Der 30-Jährige ist noch immer auf der Flucht.
„Von dem Mann geht keine Gefährlichkeit aus, sonst wäre er nicht in die Lockerungsmaßnahme gekommen“, sagte Pienkny. Es sei bereits die dritte „Ausführung“ des 30-Jährigen gewesen – in Begleitung und ohne Fesseln. Wegen Diebstahls und räuberischer Erpressung sollte der Mann den Angaben zufolge ursprünglich bis 2015 eine Haftstrafe in der Justizvollzugsanstalt Cottbus-Dissenchen verbüßen. Während der Haft sei jedoch entschieden worden, ihn vorzeitig zu entlassen. Der 30-Jährige habe sich im Jahr 2009 selbst gestellt.
Nach der Flucht am Freitagnachmittag, über die die „Lausitzer Rundschau“ (Samstag) berichtet hatte, waren ein Hubschrauber und mehrere Streifenwagenbesatzungen an der Suche beteiligt – bis zum gestrigen Sonntagabend erfolglos. „Wir prüfen alle möglichen Anlaufadressen“, teilte die Polizeidirektion Ost am Sonntag in Frankfurt (Oder) mit. Ein Zeuge will den Mann kurz nach der Flucht in Bad Liebenwerda gesehen haben, wie es hieß.
Die Zahl von zwei Beamten, die den Mann begleitet hatten, sei normal, versicherte Pienkny. Mit Blick auf die Flucht sagte er: „Die Beamten waren sehr dicht dran.“ Jetzt werde der genaue Ablauf des Vorfalls „sehr kritisch“ hinterfragt.
Kritik kam vom rechtspolitischen Sprecher der CDU-Fraktion im Brandenburger Landtag, Danny Eichelbaum. Vollzugslockerungen „können nur gewährt werden, wenn dies personaltechnisch abgesichert werden kann und keine Fluchtgefahr besteht“. Die CDU bemängele seit Jahren fehlendes Personal in den Gefängnissen. Justizminister Volkmar Schöneburg (Linke) schaue „hilflos“ zu. Dies sei mittlerweile der fünfte Ausbruch eines Gefangenen innerhalb kürzester Zeit im Land Brandenburg, kritisierte Eichelbaum. Statt die Sicherheitsvorkehrungen zu verschärfen, habe der Justizminister aus „ideologischen Gründen“ die Vollzugslockerungen im Land ausgeweitet. Das Ergebnis dieser Politik seien mehr Gefängnisausbrüche. Der Justizminister müsse die Sicherheitsmängel, die zu den Ausbrüchen führten, umgehend aufklären. „Wir brauchen im Land Brandenburg ausbruchsichere Justizvollzugsanstalten“, sagte der CDU-Politiker.
Pienkny wies die Äußerungen Eichelbaums zurück. „Wenn man sich für den resozialisierenden Strafvollzug entscheidet, dann muss man solche Lockerungen geben.“ Vor Pannen sei man nie gefeit. Pienkny betonte: „Die Sicherheitsvorkehrungen sind nicht mangelhaft.“ In dieser Legislaturperiode habe es bisher fünf Fluchten bei „Ausführungen“ gegeben. In Brandenburg gebe es derzeit rund 1400 Gefangene und 2123 Haftplätze. Bei den mehr als 1000 Bediensteten im Strafvollzug werde zwar Personal abgebaut – aber auch ausgebildet. dpa/dapd
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