Brandenburg: Halbe als Erinnerungsort
Missbrauch der Kriegsgräberstätte durch Neonazis soll verhindert werden
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Halbe - Das Umfeld des Waldfriedhofs in Halbe soll zu einem würdigen Gedenkort werden. Das kündigte Landtagspräsident Gunter Fritsch (SPD) am Freitag anlässlich der Enthüllung einer Informationstafel in Deutsch und Russisch an der größten deutschen Kriegsgräberstätte an. Eine Arbeitsgruppe „Mittel- und langfristige Perspektiven für den Waldfriedhof Halbe“ habe vorgeschlagen, den Vorplatz des Friedhofs und die Zuwege so zu gestalten, dass Neonazis das „Aufmarsch-Szenario“ genommen werde.
Zudem solle in Halbe Bildungsarbeit zur Aufklärung und Information geleistet werden, sagte Fritsch, der auch dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge in Brandenburg vorsteht. Dabei werde die bereits bestehende „Denkwerkstatt Halbe“ einbezogen. Schülern aus ganz Deutschland sollte in Halbe der Irrsinn rechtsextremistischen „Heldengedenkens“ vor Augen geführt werden. Möglicherweise lasse sich auch die Idee eines „Friedenswaldes“ verwirklichen.
Mit der Schaffung eines „Erinnerungsortes Halbe“ entstehe mehr als nur eine museale Landschaft, sagte der Koordinator des Handlungskonzepts „Tolerantes Brandenburg“, Bildungsstaatssekretär Burkhard Jungkamp. Hier werde ein würdiger Rahmen für das Gedenken an die Tausenden Weltkriegstoten geschaffen, die auf dem Waldfriedhof bestattet sind. Halbe könne zu einem wichtigen Mahn- und Gedenkort werden, an dem die Erinnerung an die Folgen nationalistischer Exzesse wachgehalten werde. Der Arbeitsgruppe gehörten Vertreter der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, des Aktionsbündnisses gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit, des Volksbunds und der Region an. Der Volksbund werde das vorgelegte Grobkonzept weiter bearbeiten, sagte Fritsch. Er hoffe, dass sich die Landesregierung an einer Finanzierung beteiligt. Ziel sei, den Rechtsextremen den „Missbrauch der Kriegsgräberstätte als Kulisse für ihr an nationalsozialistische Traditionen anknüpfendes Heldengedenken“ zu verleiden.
Innenstaatssekretär Hans-Jürgen Hohnen verwies in diesem Zusammenhang auf das neue brandenburgische Gräberstätten-Versammlungsgesetz, das Kundgebungen rund um den Friedhof untersagt. Das Gesetz zeige, dass die Landesregierung weder in Halbe noch andernorts zulasse, dass Rechtsextremisten das Andenken und die Würde der dort ruhenden Toten verletzen.
Auf dem Waldfriedhof sind rund 23 000 Menschen begraben. Neben Wehrmachtsangehörigen, die in der letzten großen Kesselschlacht des Zweiten Weltkriegs im Frühjahr 1945 fielen, liegen dort Zivilisten, hingerichtete Deserteure und Zwangsarbeiter. Halbe war in der Vergangenheit wiederholt als Aufmarschplatz von Neonazis missbraucht worden. Wegen des Gräberstätten-Versammlungsgesetzes wurde der für den Vorabend des diesjährigen Volkstrauertags angemeldete Neonazi-Aufmarsch abgesagt. Jörg Schreiber
Jörg Schreiber
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