Brandenburg: Herkunft statt Leistung?
Berlin undBrandenburg streiten um Justizstellen
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Potsdam/Berlin - Zwischen den Landesregierungen in Berlin und Brandenburg gibt es Streit um die Besetzung von Justiz-, insbesondere Richterstellen. Die werden in Brandenburg nur mit Juristen aus den eigenen Reihen besetzt. Der Senat von Berlin sieht darin einen Rechtsverstoß.
Während nach außen hin gerne die schrittweise Verzahnung der Justizpolitik in den beiden Bundesländern gelobt wird, wächst in Berlin der Unmut darüber, dass die aus der Sicht der Bundeshauptstadt gemachten Zugeständnisse zu keinerlei Entgegenkommen führen. Im Falle der Besetzung von Richterstellen hat dies jetzt zu einem Schreiben der Berliner Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) an ihren Potsdamer Kollegen Volkmar Schöneburg (Linke) geführt, das mit Vorwürfen gegen dessen Vorgehen gespickt ist. Brandenburg habe in den letzten Monaten nicht nur sieben herausgehobene Leitungspositionen im Richterbereich ausgeschrieben, auf die sich ausschließlich bereits im Lande tätige Richter bewerben dürfen. Auch ansonsten würden Stellen bis hinunter zum Justizhauptwachtmeister ausschließlich mit internen Bewerbern besetzt. Auf diese „Landeskinderregelung“ verzichten Berlin und die meisten anderen Bundesländer.
In Berlin wird nun beklagt, diese Brandenburger Regelung sei eine Ausgrenzung von Interessenten und stehe der Zusammenarbeit beider Länder nachhaltig entgegen. Offiziell wollte die Justizsenatorin zu dem bislang internen Vorgang keine Stellungnahme abgeben, bestritten wird allerdings nicht, dass es in dieser Frage „Klärungsbedarf mit Potsdam“ gebe. Die Berliner sehen nach Informationen dieser Zeitung in dem exklusiven Vorgehen der Brandenburger die Bemühungen konterkariert, die inzwischen weit fortgeschrittene Integration der Justizlandschaft auch durch eine möglichst transparente Personalpolitik zu untermauern. Denn nur noch im Bereich der ordentlichen Gerichte und der beiden Verfassungshöfe gibt es in allen Instanzen getrennte Gerichte in den beiden Bundesländern. Im Arbeits-, Sozial-, Finanz- und Verwaltungsrecht sind inzwischen gemeinsame Obergerichte eingerichtet, bei denen auch ein gemeinsamer Richterwahlausschuss die Entscheidung über die Stellenbesetzung trifft. Und insbesondere Brandenburg hat beim Justizvollzug auf eine weitere Vertiefung der Zusammenarbeit gedrängt.
Auf diesem Hintergrund wirft Berlin dem Nachbarland nicht nur mangelnden Willen zur Kooperation, sondern auch eine rechtlich überaus fragwürdige Vorgehensweise vor. Die Art und Weise, wie in Brandenburg die Stellen ausgeschrieben und damit der Kreis potentieller Bewerber eingeengt würde, widerspreche dem Grundgesetz, heißt es in internen Einschätzungen. Das ein Bewerber bereits eine Stelle innehat, dürfe dabei keine zwingende Voraussetzung für eine Bewerbung sein. Denn die Verfassung verlange beim Zugang zu öffentlichen Ämtern eine Anwendung des Leistungsprinzips. Der Brandenburger Justizminister widerspricht dem und teilt auf Anfrage mit, seine Beschränkung des Kreises der Bewerber stehe „nicht im Widerspruch zum Grundsatz der Bestenauslese“. Aus Potsdamer Sicht geht es darum, durch diese Beschränkung bei den Leitungsstellen jungen Brandenburger Richtern, insbesondere „ernennungsreifen Probe-Richtern“ eine Chance zu eröffnen, auf Lebenszeit übernommen zu werden. Die Schutzklausel soll also weniger die Bewerber für die ausgeschriebenen Stellen, als vielmehr den Nachwuchs bevorteilen, der dann mit dem Aufrücken der Dienstälteren nachziehen kann. Solch eine Regelung stehe im freien Ermessen des Dienstherren, sagt das Potsdamer Justizministerium. Die Berliner, die dies ganz anders sehen, warten jetzt zunächst auf eine offizielle Stellungnahme.
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