Von Lars Hartfelder: Hoffnung für renitente Lehrerin
Abwasserstreit: Rebellin darf weiter als Lehrerin arbeiten / Vorwürfe gegen Amtsdirektor
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Potsdam/Briesensee - Die sogenannte Abwasser-Rebellin von Briesensee, Doris Groger, kann vorerst aufatmen: Sie wird weiter als Lehrerin arbeiten können. „Frau Groger muss definitiv nicht um ihren Arbeitsplatz fürchten“, sagte Stephan Breiding, Sprecher des brandenburgischen Bildungsministeriums, am Freitag auf PNN-Anfrage. Wie berichtet hatte der Amtsdirektor von Lieberose, Bernd Boschan, der Lehrerin, die sich weigerte ihr Haus zwangsweise an die Kanalisation anschließen zu lassen, vorgeworfen, „öffentlich die rechtsstaatlichen Grundprinzipien des Staates infrage gestellt“ zu haben und daraufhin das Schulamt informiert. Das Schulamt Wünsdorf wiederum hatte daraufhin die Oberstufenlehrerin und ehrenamtliche, parteilose Bürgermeisterin des Dorfes Briesensee (Dahme-Spreewald) zu einer Anhörung vorgeladen und disziplinarische Maßnahmen bis hin zur Entlassung aus dem Schuldienst nicht ausgeschlossen.
Am Mittwoch war, wie berichtet, auf dem Grundstück der Lehrerin und Ortsbürgermeisterin in Briesensee (Dahme-Spreewald) ein Abwasseranschluss mit Polizeigewalt durchgesetzt worden. Gewaltsam hatten Polizisten die Lehrerin von ihrem Grundstück getragen und stundenlang in Gewahrsam genommen.
Das Schulamt sei verpflichtet gewesen, einer Anzeige des Lieberoser Amtsdirektors Boschan nachzugehen, der der 56-Jährigen vorwarf, dass sie die rechtsstaatlichen Grundprinzipien infrage stelle, so Ministeriumssprecher Breiding am Freitag: „Wir haben daher das Gespräch mit der Lehrerin gesucht.“ Das Disziplinarverfahren befinde sich noch in der Schwebe, über mögliche Konsequenzen wollte der Ministeriumssprecher nicht spekulieren. „Wir erwarten von jedem Mitarbeiter im öffentlichen Dienst, dass er die rechtsstaatlichen Prinzipien anerkennt und rechtskräftige Urteile respektiert“, so Breiding weiter. Die private Auseinandersetzung habe aber nichts mit ihrer beruflichen Qualifikation zu tun. Das Bildungsministerium wisse, dass die Zwangsanschlüsse und die Abwasserpolitik des Landes hoch umstritten sind.
„Die verfassungsfeindlichen Vorwürfe gegen Frau Groger sind völlig haltlos und ehrverletzend“, sagte ihr Rechtsanwalt Wolfram Beck am Freitag den PNN. Er betonte, dass ein Urteil solange nicht akzeptiert werden muss, bis nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft sind. Aus diesem Grund habe sie auch den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg angerufen. Frau Groger, so ihr Anwalt weiter, respektiere die Entscheidung des Gerichtes aber.
Schwere Vorwürfe erhob Anwalt Beck gegen Amtsdirektor Boschan. Der habe seine schweren Anschuldigungen in der Begründung nicht nur selbst widersprochen. Schlimmer sei, dass die angeblich öffentlichen Äußerungen, die der Amtsdirektor der Lehrerin anlastet in einem sogenannten Mediationsgespräch zwischen Verwaltung, Polizei und Groger am 22. Mai gefallen seien sollen. Das Mediatorengespräch sei nicht öffentlich, sondern intern gewesen, so Anwalt Beck. Zudem sei der Amtsdirektor nicht einmal in der Lage gewesen, seine Anschuldigungen mit Zitaten zu belegen.
Groger kämpft schon seit fast zehn Jahren für sich und ihr Dorf gegen den Anschlusszwang. Im Jahr 2000 war sie zusammen mit drei weiteren Frauen aus dem Ort in einen Hungerstreik getreten. Da sie auf ihrem Grundstück eine biologische Kleinklär- und Wiederaufbereitungsanlage betreibt, weigert sie sich, ihr Grundstück zwangsweise an die zentrale Abwasserleitung anschließen zu lassen. Ihre Bio-Anlage müsste sie dann stilllegen.
Lars Hartfelder
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