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Brandenburg: Hohe Wellen um die Therme

Politikerschreiben, Bewerbungen und nicht öffentlich vereidigte Gutachter

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Ludwigsfelde - Die Wellen im Ludwigsfelder Hallenbad schwappen bereits vor der Eröffnung an Karfreitag über. Mehr als 20 Millionen Euro wurden in das Sport- und Thermalbad seitens der Stadt und der Kristall Bäder AG investiert, doch Bäder-AG-Chef Heinz Steinhart vermutet inzwischen Intrigen. Zu viele Vorkommnisse habe es in den letzten Tagen gegeben: darunter eine Anzeige wegen Schwarzarbeit auf dem Bau, von der Stadt beauftragte Gutachter vor Fertigstellung des Bades sowie die Bewerbung und die Bitte um „wohlwollende Prüfung“ von Bewerbungen seitens örtlicher Politiker und hochrangiger Stadtangestellter. Seine Drohung klingt daher ernst: „Wenn das nicht aufhört, stoppe ich den Bau“, sagte Steinhart den PNN zwei Wochen vor Eröffnung .

In der Stadtverordnetenversammlung Ludwigsfelde sorgte die neue Therme vor drei Tagen für heftige Diskussionen. Denn Gerüchte wurden gestreut betreffs der Zahlungsfähigkeit der Bäder AG. Nun sollen Gutachter unter anderem klären, ob der Bau entsprechend den Vorgaben erstellt wurde. Bereits am Montag waren Gutachter auf der Baustelle des noch nicht fertig gestellten Bades. Nun beschlossen die Stadtverordneten, erneut Gutachter ins Haus zu schicken: diesmal jedoch öffentlich vereidigte. Zudem sollen nach Willen der Stadtverordneten Bau- und Vergabeakten bewertet werden: Welche Rechnungen von Baufirmen sind bislang nicht oder nur teilweise bezahlt oder welche Forderungen von Baufirmen können noch gegenüber der Stadt Ludwigsfelde als Auftraggeberin geltend gemacht werden, will beispielsweise CDU-Fraktionschef Michael Wagner wissen. Die Stadt habe immerhin 17 Millionen Euro brutto bezahlt.

Steinart kann darüber nicht mehr lachen. Er wertet dies als Rache im Zusammenhang mit Bewerbungen um die Jobs in der Therme, für die etwa 2000 Anschreiben ins Haus flatterten. Eine davon war die Bewerbung des Ludwigsfelder CDU-Fraktionschefs Michael Wagner um eine Stelle im gehobenen Dienst des neuen Sport- und Thermalbades, die den PNN vorliegt. Darin wirbt Wagner mit den Worten „so habe ich aus dieser Geschäftstätigkeit und meinem politischen Engagement viele Kontakte zu Unternehmen, Ministerien und Bürgern herstellen können“ für sich. Steinhart lehnte dankend ab. Auch der erste Beigeordnete von Ludwigsfelde, Frank Gerhard (SPD), hat in einem – den PNN vorliegenden – Schreiben mit offiziellem Briefkopf der Stadt um „wohlwollende Berücksichtigung“ einer Bewerberin aus Berlin gebeten. Darin schreibt er: „Sowohl Herr Bürgermeister Scholl als auch der Unterzeichner bitten Sie höflichst um wohlwollende Prüfung“ und einen Vorstellungstermin für die Bewerberin. Der Brief von Anfang März ist von Gerhard unterschrieben, Bürgermeister Scholl war zu dem Zeitpunkt zur Kur. Solche Dinge bringen Steinhart auf die Palme.

Steinhart kommt aus Bayern, hat mit der Kristall Bäder AG mehr als ein Dutzend Bäder in Deutschland gebaut und betreibt diese. Er schickte auch ein konkretes Angebot an die Stadt Potsdam für den Bau eines Bades am Brauhausberg. Das Angebot steht nach wie vor, die Stadt verweist jedoch auf die Niemeyer-Planung.

Im Juni 2004 haben sich die Stadtverordneten für den Bau des Sport- und Thermalbades mit Steinhart an der Seite ausgesprochen. Die Stadt blieb Bauherr, nahm ein Kredit in Höhe von 15,5 Millionen Euro netto auf, den Rest der mehr als 20 Millionen Euro netto bezahlte die Kristall Bäder AG. Im Vertrag mit der Stadt heißt es übrigens, Steinhart muss die Therme nach 20 Jahren kaufen. Schon jetzt erhielt er ein Schreiben, in dem er dazu aufgefordert wird, das Bad zu bilanzieren. Damit wäre er faktisch bereits jetzt Eigentümer, so Steinhart.

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