zum Hauptinhalt

Von Thorsten Metzner: „Ich bin nicht erpressbar“

Mitten in der Filz-Affäre äußert Innenminister Rainer Speer (SPD) den Verdacht einer Verschwörung: Es werde versucht, ihn mit Material von seinem gestohlenen Laptop zu diskreditieren

Stand:

Potsdam - Neue Wendung in der Filz–Affäre um Innenminister und Ex-Finanzminister Rainer Speer (SPD), der wegen des Verkaufs der Krampnitzer Kasernen im Norden Potsdams und der Privatisierung der Brandenburgischen Bodengesellschaft (BBG) schwer unter Druck geraten ist – aber auch von der Opposition wegen seines persönlichen Netzwerkes um den Verein Babelsberg 03 unter Beschuss ist. Nun entwickelt sich das Ganze zu einem regelrechten Polit-Krimi, bei dem mit harten Bandagen gekämpft wird. Und mit unlauteren Mitteln, mit Zügen einer Schlammschlacht?

Am Freitag ging Speer jedenfalls in die Gegenoffensive. Er machte seinen Verdacht öffentlich, das im Zusammenhang mit den aktuellen Vorwürfen gegen ihn offenbar auch Material verwendet wird, dass von seinem im Oktober 2009 aus dem Dienstwagen gestohlenen Laptop stammt und von Kriminellen an Redaktionen verkauft wurde. Auf Anfrage der PNN bestätigte Speer dazu am Abend nur knapp: „Ich habe deshalb das Landeskriminalamt und Strafverfolgungsbehörden eingeschaltet hat, um die zwischenzeitlich eingestellten Ermittlungen zum gestohlenen Laptop wiederaufzunehmen.“ Die damaligen Ermittlungen des Polizeipräsidiums Potsdam waren erfolglos geblieben. Ein maßgeblicher Auslöser, dass Speer sich jetzt so vehement wehrt: Nach den Entwicklungen der letzten Tage und manchen Enthüllungen geht der Minister davon aus, dass unter anderem die Angaben einer Boulevardzeitung zu einem Spendenessen der Landes-SPD im Herbst 2004 mit Speer, Regierungschef Matthias Platzeck – an dem auch der spätere Käufer der BBG Frank Marczinek teilnahm – nur aus dem gestohlenen Gerät stammen können.

Ausführlich äußerte sich der unter Druck geratene Vertraute von Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) am Freitag in einem Interview mit Spiegel-Online – wonach er sich als Opfer einer politisch-medialen Verschwörung sieht, die auf illegales Material zurückgreift. Er habe Anlass zu der Vermutung, „dass Material von dem Rechner kursiert und bestimmten Redaktionen angeboten wird“, so Speer. Er müsse davon ausgehen, „dass sich bestimmte Ermittlungen aus dem Material speisen könnten oder wenigstens von seiner Kenntnis herleiten“. Er habe Anhaltspunkte, dass es auf dem Hehlermarkt angeboten werde. Er wisse nicht, ob es sich um authentisches oder manipuliertes Material handelt. Auf dem Rechner seien „private und dienstliche E-Mails, dienstliche Unterlagen, Material der SPD des Landes sowie der Vereine, in denen ich ehrenamtlich täig bin“. Dass Verschlusssachen dabei sind, schließt Speer aus.

In diesem Zusammenhang deutet Speer an, dass es bereits Versuche gab, ihn diskreditierende rein private Unterlagen vom Rechner zu veröffentlichen. Er werde seine Privatsphäre „aber mit allen rechtlichen Mitteln verteidigen“ und mit dem eingeschalteten Anwalt Johannes Eisenberg einen Einbruch in seine Privatsphäre „mit Hilfe von illegal angeschafftem Material keineswegs hinnehmen“. Ihm sei von den journalistischen „Besitzern“ jede Auskunft verweigert worden, woher das Material stamme. Auf die politisch brisanteste Frage, ob er erpressbar sei, antwortete Speer: „Ich bin nicht erpressbar.“ Es habe auch keine Versuche gegeben, ihm das Material direkt oder indirekt anzubieten. Er habe die betreffenden Medien aber aufgefordert, ihm das Material „rückstandslos zurückzugeben“. Er äußerte gleichwohl die Befürchtung, dass ihm „jetzt möglicherweise wochen- oder monatelang Material vorgehalten werden“ könne. „Damit muss ich leben.“ Er habe aber „keine Bank überfallen“. Speer zieht auch einen Bogen zur Opposition. Er wirft ihr vor, dass es bei den derzeitigen Vorwürfe gegen ihn „nicht um die Aufklärung von vermeintlich fragwürdigen Sachverhalten“ gehe. „Es geht ihr darum, diese Landesregierung um einen Kopf kürzer zu machen. Nämlich um meinen.“ 

Allerdings, der Vorgang um den geklauten Laptop, den er überraschend publik macht, mag zwar die teils ausufernden Spekulationen und Generalverdächtigungen um seine Person illustrieren. Den für die rote-rote Regierung brisanten Kern der nicht ausgeräumten Vorwürfe, nämlich zum Verkauf der Krampnitzer Kasernen und der BBG, berührt nach PNN-Recherchen das Kursieren von Material aus dem gestohlenen Gerät nicht. Auch das Magazin  „Stern“, das die fragwürdigen Hintergründe beider Geschäfte aufgedeckt hat, schließt etwa kategorisch aus, dass die von publizierten Unterlagen etwas mit dem verschwundenen Gerät zu tun haben. Und das Gleiche gilt selbstverständlich für Berichterstattung dieser Zeitung zur Affäre.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })