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Tot wegen 800 Euro. Der Anwalt (v.) des 38-Jährigen spricht mit einem Justizmitarbeiter, damit dieser den Angeklagten unsichtbar für die Fotografen und Kamerateams erst wenige Sekunden vor Verhandlungsbeginn in den Saal führt.

© Patrick Pleul/dpa

Brandenburg: „Ich hab’ einfach nur geknallt“

Bei einem Streit um 600 Euro Schulden zieht ein Mann eine Pistole und schießt dem Darlehensgeber zweimal in den Kopf

Stand:

Frankfurt (Oder) - Als ein 38-Jähriger im März ins Auto eines Bekannten steigt, hat er eine Pistole bei sich. Er verbirgt sie unter seiner Jacke. Auf der Fahrt von Berlin nach Wandlitz-Basdorf (Barnim) kommt es zu einem Streit zwischen den Männern. Der Jüngere soll Geld zurückzahlen, das er sich Wochen zuvor bei dem Älteren geliehen hatte: 600 Euro. Plus 200 Euro Zinsen. Diese seien aber nicht so vereinbart gewesen, sagt der Angeklagte am Donnerstag zum Auftakt des Mordprozesses vor dem Landgericht Frankfurt (Oder).

Der Streit zwischen den beiden eskaliert: Der Berliner bittet den Fahrer anzuhalten, steigt aus und zieht die Waffe. „Ich hab' einfach nur geknallt.“ So beschreibt der Angestellte eines Döner-Imbisses den Ablauf. Das Opfer stirbt an zwei Kopfschüssen. Nach der Tat stellt sich der 38-Jährige der Polizei. „Ich habe etwas Schlimmes getan. Es tut mir leid“, sagt er vor Gericht.

Dem Angeklagten schräg gegenüber sitzen die Nebenkläger. Es sind die Eltern des Opfers. Die Mutter schüttelt nur immer wieder den Kopf, als er seine Version schildert. Auch zwei Söhne des Getöteten sind Nebenkläger, einer davon ist erst drei Jahre alt. Seine Mutter vertritt ihn vor Gericht.

Die Bankangestellte beschreibt, dass ihr Kind in der Sprachentwicklung hinterherhinke, seitdem es wisse, dass der Vater tot ist. Den 46-Jährigen, mit dem sie bis kurz vor dessen Tod zusammen war, beschreibt sie als besonnenen Menschen. „Er war durch und durch ein ruhiger Mensch.“ Streit sei er aus dem Weg gegangen: „Bevor es Stress gab, hat er den Rückzug angetreten.“

Der Angeklagte stellt ihn allerdings ganz anders dar. Er sei immer auf der Hut vor dem 46-Jährigen gewesen. Die Pistole, die er einmal auf einer Wiese gefunden habe, habe er vorsorglich bei sich gehabt. Er habe nicht vorgehabt, damit zu schießen.

Kennengelernt hatte er das Opfer nach eigenen Angaben auf seiner Arbeitsstelle. Dort hatte der 46 Jahre alte Berliner Spielautomaten aufgestellt. Von Zeit zu Zeit habe er sie für den Mann repariert, berichtet der Angeklagte. Dafür habe er Geld bekommen. Er borgte sich auch einmal 200 Euro, die er pünktlich zurückgezahlt habe. Von den geliehenen 600 Euro kaufte sich der 38-Jährige zwei Handys. Am Tattag holte ihn der 46-Jährige für die Reparatur von Spielautomaten ab, schildert der Beschuldigte.

Es habe in der Vergangenheit immer wieder Spannungen zwischen den Männern gegeben. Er sei dahinter gekommen, dass der 46-Jährige andere „abzocke“. Damit habe er ihn auch am Tattag im Auto konfrontiert. Das Opfer habe ihm gedroht, dass er gut auf seine Familie aufpassen solle, sagt der 38-jährige Döner-Imbisses.

An diesem Punkt sei er dann durchgedreht. „Meine Augen waren richtig schwarz.“ Er zog die Waffe und zielte damit durch die geöffnete Tür in den Wagen.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann Mord vor. Sie geht aber von einer verminderten Schuldfähigkeit aus. Der 38-Jährige gibt an, an dem Tag Kokain genommen und Bier getrunken zu haben. Das Gericht hat bislang insgesamt vier Verhandlungstage bis Ende September geplant. Der nächste Prozesstag ist am 11. September.

Anna Ringle

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