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Brandenburg: „Ich habe ein gutes Gewissen“

Sven Petke, Kandidat für den Landesvorsitz der CDU-Brandenburg und ehemaliger Generalsekretär der Partei, verteidigt den Coup seiner Unterstützer im CDU-Vorstand als demokratische Entscheidung

Stand:

Gegen Sie ist ein neuer Vorwurf erhoben worden: Sie sollen Landtagszuschüsse für ein Bürgerbüro kassiert haben, das gar nicht existierte. Trifft das zu?

Nein. Das ist absurd. Ich habe mich nach den Vorschriften des Abgeordnetengesetzes verhalten. Wie jeder andere Abgeordnete auch, habe ich eine Pauschale für meine Aufwendungen erhalten. Ich erwarte, dass der Brandenburgische Verfassungsminister diesen rechtlichen Sachverhalt korrekt darstellt. Offensichtlich wird mit allen Mitteln versucht, das freie Votum der Delegierten auf dem kommenden CDU-Landesparteitag negativ zu beeinflussen.

Sie treten in einer Kampfkandidatur gegen Ulrich Junghanns an, droht der märkischen CDU die Spaltung?

Nein. Mir geht es um einen fairen Wettbewerb der Ideen. Das zeichnet die Demokratie aus.

Aber die CDU-Spitze ist zerstritten wie nie, ist die Partei überhaupt noch politikfähig?

Die Union ist Regierungspartei und der stabilere Faktor in der Koalition. Aber es gibt einen Wettbewerb in der CDU, bei dem es um den weiteren Kurs geht: Die einen setzen auf Weiter so. Ich will, dass die CDU in der Großen Koalition erkennbarer wird. Ein Parteivorsitzender hat außerhalb der Regierung größere Möglichkeiten, die Partei zu profilieren. Wir dürfen nicht im 19-Prozent-Loch verharren.

Das Ad-hoc-Votum des Landesvorstandes zu ihren Gunsten stieß überwiegend auf scharfe Kritik. War es angesichts des vereinbarten Burgfriedens nötig?

Der Landesvorsitzende hat sich das Recht für ein Votum über seine Nachfolge genommen. Der Landesvorstand hat dieses Recht ebenso wahrgenommen. Für mich ist die Nominierung zum Kandidaten für das Amt des Landesvorsitzenden durch den CDU-Landesvorstand ein klarer Vertrauensbeweis. Das Ergebnis ist eindeutig ausgefallen. Dies ist eine demokratische und offene Entscheidung.

Wussten Sie vorher, dass Ihre Unterstützer im Vorstand eine Empfehlung für den Parteitag durchsetzen wollen?

Nein. Während der Sitzung hat der Vorsitzende eine Liste mit allen Kandidaturen für den Parteitag verteilt, auf der mein Name fehlte. So als gäbe es meine Kandidatur nicht. Das stieß auf Unverständnis. Da hat sich die Mehrheit des Landesvorstandes zur Nominierung entschieden.

Trotzdem, viele Ihrer Parteifreunde sagen, so etwas tut man in der jetzigen Situation nicht?

Der Stein des Anstoßes war die Unterschlagung meiner Kandidatur. Da war es ein Gebot der Demokratie, dass die mich unterstützende Mehrheit sich offen zu mir bekannte.

Sie haben kein Verständnis, dass sich Herr Junghanns hintergangen fühlt?

Nein. Ich halte die Empörung für gespielt. Die Beteiligten wissen das auch.

War es klug, dass Ihre Frau, die Bundestagsabgeordnete Katherina Reiche, die Ad-Hoc-Abstimmung ausdrücklich unterstützte?

Meine Frau hat Sitz und Stimme im Vorstand wie jeder andere auch.

Johanna Wanka sagt ironisch, sie stelle sich Familienpolitik anders vor?

Ein witziges Zitat!

Manche Parteifreunde sehen das als Beleg für ihre sogenannten Heckenschützen-Methoden.

Eine offene Abstimmung mit einer absoluten Mehrheit gefällt zwar der Minderheit nicht, ist aber ein urdemokratischer Vorgang.

Dennoch: Die Partei ist tief gespalten. Wie wollen Sie, falls Sie zum Vorsitzenden gewählt werden, die Gräben überwinden?

Indem ich auf die Klugheit, Vernunft und Professionalität aller Beteiligten setze. Ich schaue nach vorn und nicht in die Vergangenheit. Ich bin dazu bereit. Ich will mich vorrangig um ein schärferes Profil der CDU kümmern und für ein gutes Zusammenspiel von Regierungsmannschaft, Fraktion und Parteivorstand sorgen. Das wird die CDU auf Landesebene wieder zusammenführen. Man kann mich daran messen: Ich reiche die Hand. Ich stehe für eine Führung im Team.

Manche meinen, dass Jörg Schönbohm Mitschuld an der Spaltung trägt. Hat er den Stabwechsel nicht professionell genug vorbereitet?

Jörg Schönbohm hat große Verdienste um das Land, um die CDU. Jetzt verstehe ich aber manches nicht mehr. Die Partei hätte sich gewünscht, dass der Wechsel an der Spitze reibungslos erfolgt. Leider hat sich das nicht erfüllt. Das hat viele Gründe. Ich bin dagegen, das an einem Einzelnen festzumachen. Im Übrigen sieht man ja in anderen Landesverbänden, dass solche Diskussionen eher eine Normalität sind.

Schönbohm ist über Ihre Kandidatur bitter enttäuscht, er hat Junghanns vorgeschlagen. Haben Sie gegenüber Ihrem Förderer kein schlechtes Gewissen?

Ich habe ein gutes Gewissen. Ich habe als Generalsekretär loyal mit Jörg Schönbohm zusammengearbeitet. Zur Frage der Nachfolge: Erbfolgen gibt es nur in der Monarchie. Die Demokratie lebt vom Wettbewerb.

Sie sind umstritten wie kein anderer in der Brandenburger CDU. Was haben Sie falsch gemacht?

Manchmal war ich zu forsch. Wenn ich als Parteivorsitzender gewählt werde, bin ich mir meiner Gesamtverantwortung für die Partei bewußt.

Ist die CDU zu zahm in der Koalition?

Die CDU muss erkennbarer werden, vor allem für die Leistungsträger in Arbeitnehmerschaft und Unternehmerschaft. Die müssen wir besser erreichen und mutiger sein.

Konkret bitte!

Wir dürfen uns von niemandem vorschreiben lassen, auch nicht von der SPD, welche Themen die CDU besetzt. Wir dürfen der Auseinandersetzung um die politische Mitte in Brandenburg nicht aus Koalitionsräson aus dem Weg gehen. Der Schutz der Bürger und eine aktive Wirtschaftspolitik sind sicher unsere Stärken, aber wir müssen darüber hinaus das Lebensgefühl in Brandenburg ansprechen.

Sie kündigen eine Erneuerung der CDU an. Ulrich Junghanns ist da skeptisch, weil niemand neu im Ring ist, Sie ja auch nicht?

Mir geht es nicht nur um die Köpfe, sondern um die Ideen, um das Profil. Die CDU muss sich verändern, um aus dem 19-Prozent-Loch zu kommen.

Ist es da kein Handicap, wenn der Parteivorsitzende im Lande unbeliebt ist?

Wer sich ganz still verhält, kann mit Zustimmung rechnen. Wer etwas bewegen will, eckt auch mal an. Ich bleibe ein Politiker mit Ecken und Kanten.

Das Interview führten Michael Mara und Thorsten Metzner

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