
© Manfred Thomas
Brandenburg: „Ich habe nichts zu verheimlichen“
Innenminister Rainer Speer (SPD) über die Grundstücks-Affäre um die Krampnitz-Kaserne und seine Geschäftsfreunde vom Verein Babelsberg 03
Stand:
Warum wurden in Ihrer Verantwortung als Finanzminister die Krampnitzer Kasernen zum Schnäppchen-Preis verkauft?
Es wurde nichts verscherbelt. Die Unterstellungen weise ich zurück. Es geht um ein ruinöses Militärareal, das ja nicht ohne Grund als Kulisse für den Stalingrad-Film Enemy at the Gates diente. So sieht es dort nämlich aus. Das Land hatte ewig auf der Immobilie herumgesessen, ehe sich 2007 endlich mit der Thylander-Gruppe ein seriöser Investor fand. Es war das übliche Verfahren. Es lief korrekt.
Das Land nahm knapp vier Millionen Euro. Ein Gutachten für die Thylander-Gruppe bezifferte drei Wochen später den Wert auf 25 Millionen Euro. Wie erklären Sie die Diskrepanz?
Grundlage für den Verkauf war das Gutachten eines vereidigten Sachverständigen. Wir haben das Areal ausgeschrieben. Es fand sich niemand, der zehn oder 25 Millionen Euro gezahlt hätte. Er hätte sofort den Zuschlag bekommen. Man kann viel Papier beschreiben. Es sind Mondpreise, fern der Realität. Wir haben mit der Thylander-Gruppe den gewählt, der die besten Voraussetzungen mitbrachte.
In Potsdam trat aber nur eine TG Group auf, die von einem Sozius der Kanzlei des brandenburgischen SPD-Bundestagsabgeordneten Peter Danckert vertreten wird.
Dass für den Investor eine Projektgesellschaft tätig ist, ist nicht unüblich. Die gesellschaftsrechtlichen Beziehungen, die Beteiligung der Kanzlei, war mir nicht bekannt. Ich habe das jetzt aus der Zeitung erfahren. Es gab weder mit Herrn Böx noch mit Herrn Danckert Gespräche zu der Problematik. Noch einmal: Mir lag daran, dass ein Investor tätig wird, der in der Lage ist, dies auch hinzubekommen. Es gab beim Verkauf keine Vorzugskonditionen.
Welche Rolle haben Sie selbst bei dem Verkauf gespielt?
Als Minister hat man Verantwortung für seinen Laden. Ich habe die Vorlagen in den Haushaltsausschuss eingebracht. Sie sind vom Haus und von der BBG als Geschäftsbesorger vorbereitet worden. Ganz klar: Ich habe keinerlei eigene Wünsche oder Präferenzen geäußert. Das gilt auch für den Verkauf der Brandenburgischen Bodengesellschaft BBG.
Die Affäre sorgt für Wirbel, weil mit dem Geschäftsführer der seit 2006 privaten Firma BBG Frank Marczinek und dem Berater Thilo Steinbach Ihnen persönlich nahe Unternehmer involviert sind. Alle sind im Vorstand von Babelsberg 03, wo Sie Präsident sind. Es gab kein Entgegenkommen des Landes bei Geschäftsbeziehungen mit beiden Herren?
Es gab und gibt keine Begünstigungen. Das gilt auch für den Verkauf der Kasernen in Krampnitz und für die vorherige Privatisierung der brandenburgischen Bodengesellschaft. Es ist nicht zum Nachteil, sondern im Interesse des Landes gehandelt worden.
Genau daran wachsen die Zweifel. Gerade erhebt der „Stern“ neue Vorwürfe, dass die BBG zu einem zu geringen Preis an Marczineks Firma privatisiert wurde.
Dazu kann ich noch nichts sagen, ich kenne keine Details. Aber: Wir werden das alles mit der erforderlichen Transparenz aufarbeiten, die Zusammenhänge und Hintergründe erklären. Das gilt auch für meine persönlichen Bekanntschaften. Die sind ja in Potsdam auch kein Geheimnis. Ich habe nichts zu verheimlichen. Thilo Steinbach kenne ich seit Anfang der 90er Jahre. Frank Marczinek habe ich erst im Zusammenhang mit der Privatisierung der BBG kennengelernt. In den Vorstand von Babelsberg 03 ist er erst 2009, seit dem Tod des Architekten Moritz Kock gekommen. Aber die Tatsache, dass wir uns kennen, kann ja nicht dazu führen, dass das Land jegliche Beziehungen auf Eis legt. Noch einmal: Weder der Verkauf der BBG, noch der Krampnitzkaserne steht in irgendeinem Zusammenhang mit Babelsberg 03.
In der Politik gilt auch der Grundsatz, den bösen Schein zu vermeiden. Das alles zeigt doch, dass sich Ministerjob und Präsidentenamt in Sportvereinen eben nicht vertragen. Wäre die Trennung nicht der saubere Weg?
Vielleicht. Es ist eine Abwägung, ob man sich als Minister in dieser Form engagieren kann wie ich es beim OSC Potsdam und Babelsberg 03 tue. Natürlich wird man da angreifbar. Ich bin ja auch an anderer Stelle schon angezählt worden, als es um die Verwendung von Mitteln aus dem Konjunkturpaket für die Sanierung des Stadions in Babelsberg ging. Entscheidend ist aber doch: Das Geld wird gesetzeskonform verwandt.
Beim Verkauf der Krampnitzer Kasernen gibt es viele Ungereimtheiten. Das Land gewährte einen Nachlass von 4 Millionen Euro für Abrisse, der Investor ging auf Grund von Angaben Steinbachs aber nur von 2,3 Millionen Euro aus. Haben Sie kein Problem, wenn so mit Landesvermögen umgegangen wird?
Noch einmal: Das Land ist mit diesem Verkauf nicht schlecht gefahren. Niemand hat ein Schnäppchen gemacht, ist reich geworden. Nachlässe für Abrisse sind üblich, das wurde zuhauf praktiziert. Der Vertrag entsprach dem Mustervertrag für den Verkauf aller früheren Militärliegenschaften. Das Verfahren ist so gelaufen wie sonst auch. Und den Zuschlag hat ein Investor bekommen, der in der Lage ist, eine so schwierige Immobilie zu stemmen und langfristig zu entwickeln.
Dem widerspricht, dass die Thylander-Gruppe die Immobilie weiterverkaufen wollte!
Jeder Weiterverkauf unterliegt Restriktionen, die in einem solchen Fall zur Anwendung gekommen wären.
Das Kalkül ging nicht auf, das Areal liegt drei Jahre später immer noch brach.
Ja, leider.
Vielleicht liegt es ja doch daran, dass das Land bei den Restriktionen – der Käufer hat bis 2023 Zeit und ist nur zu Investitionen über 5 Millionen verpflichtet – zu nachgiebig war?
Nein! Es lag nicht im Landesinteresse, dass die Fläche schnell wieder an Brandenburg zurückfällt. Es ist bedauerlich, dass dort noch nicht mehr passiert ist. Es ist eine schwierige Immobilie, die man aus einem Guss entwickeln muss, nicht Teile herauslösen kann. Der Landtag war über die fristen, die Summen informiert. Die Verkehrsanbindung ist ungünstig, was schon in meinem Gespräch mit Herrn Lars Thylander eine Rolle spielte. Und es kam die negative Entwicklung des Immobilienmarktes in den letzten Jahren dazu. Für mich ist nachvollziehbar, dass die Gruppe die schwierigste Immobilie nicht als erstes entwickelt.
Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Staatsanwaltschaft Ermittlungen aufnimmt. Sie sind aber Innenminister. Wäre das der Punkt, wo Sie Konsequenzen ziehen?
Für mich ist der Punkt, dass in keiner Weise zu Ungunsten des Landes gehandelt wurde.
Sie wollen gerade eine unpopuläre Polizeireform durchsetzen, mehr als jede zweite Polizeiwache dicht machen. Die Affäre kommt zur Unzeit
Stellen Sie sich vor: Ich gehe davon aus, dass da vielleicht sogar ein Zusammenhang besteht.
Selbst in der eigenen Fraktion stehen sie wegen des rigorosen Vorgehens und der schlechten Informationspolitik in der Kritik. Werden Sie das Verfahren, Ihren Stil ändern?
Das Verfahren war so besprochen. Es hat einige Irritationen gegeben, weil Potsdam der Sitz des einzigen Landespolizeipräsidiums werden soll.
Frankfurt (Oder) wurde überrumpelt.
Nun, dass diese Präferenz besteht, habe ich in einem Gespräch mit dem Oberbürgermeister und seinem Dezernenten Derling bei meinem letzten Besuch dort erörtert. Es ist nicht so, dass Frankfurt völlig überrascht wurde. Aber dass Potsdam dann schwarz auf weiß in der Vorlage steht, hätte man dem Oberbürgermeister noch einmal mitteilen müssen. Das ist unterblieben. Das war ein Fehler.
Frankfurt hat keine Chance mehr?
Es ist ein Vorschlag, der jetzt diskutiert wird. Die Entscheidung, Potsdam in die Vorlage zu nehmen, ist mit mir besprochen worden. Als nächstes muss geklärt werden, wo die vier Direktionen hinkommen und danach dann die Standorte der Wachen.
Haben Sie die Widerstände unterschätzt?
Nein, es geht um eine ambitionierte Reform. Sie ist nötig, weil das Geld knapper wird. Es geht um ein Gesamtpaket. Das zu erläutern und zu vermitteln ist schwieriger als ich zunächst dachte. Es wird weiter um jeden Standort von kommunaler Seite gekämpft werden. Das ist normal.
Einer muss der Buhmann sein?
Der Speer immer! Die Aktivitäten, die man in vielen Bereichen wahrnimmt, machen einen nicht unangreifbarer. Aber damit muss ich leben.
Das Interview führte Thorsten Metzner
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