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POSITION: Ideologisch verengte Sichtweise

Eine Replik auf „Platzecks zweite Chance“ von CDU-Chefin Saskia Ludwig Von Sascha Krämer

Stand:

Man mag es bedauern oder nicht, Frau Ludwig hat mit ihrer Aussage – „Das Böse kann nicht beschwichtigt werden, da es in der Natur des Bösen liegt, jede Beschwichtigung für die eigenen Zwecke auszunutzen“ – den Boden verlassen, auf dem ernst zu nehmende politische Debatten noch möglich sind.

Wer im Star Wars Jargon von der „dunklen Seite der Macht“ spricht, verweigert damit jede rationale Bewertung von historischen und biographischen Abläufen. Saskia Ludwigs publizistische Tätigkeit in den Medien der Neuen Rechten (Junge Freiheit, Preußische Allgemeine Zeitung) machen deutlich, welche eigenwilligen Maßstäbe Frau Ludwig an den Begriff des Bösen anlegt. Man könnte es als Getöse abtun; man kann es als Ausdruck von Schwäche, vielleicht sogar Angst vor den kommenden Wahlen verstehen. Aber es ist ja nicht irgendeine CDU-Funktionärin, die irgendeinen politischen Gegner mal attackiert, sondern es ist die Parteivorsitzende der brandenburgischen CDU, die einer Partei – der Linken – öffentlich (und medienwirksam) das Recht abspricht, am politischen Wettbewerb um die Macht in Brandenburg teilzunehmen.

Die CDU unter Frau Ludwig gibt weder eigene politische Impulse, noch ist von konstruktiver Kritik an der Landesregierung etwas zu hören. Welche Ideen hat die CDU für eine tolerante und weltoffene Gesellschaft? Die CDU unter Ludwig macht sich politisch überflüssig. Ihre Strategie ist polarisieren statt analysieren; polemisieren statt argumentieren. Und das erschwert die Aufarbeitung in diesem Land. Was Frau Ludwig anderen vorwirft, gilt für sie selbst. Eine ideologisch verengte Sichtweise.

22 Jahre Diskussionen über die DDR und den Umgang mit Biographien liegen hinter uns und weitere Jahre werden folgen. Die Debatte ist oft durch extreme Positionen gekennzeichnet – entweder absolute Verurteilung und Ablehnung oder Verharmlosung und Schönfärberei. Sie bewegt sich immer zwischen DDR-Opposition und DDR-Elite. Die Mehrheit der DDR-BürgerInnen war keines von beidem, auch wenn die CDU und die FDP das gerne so hätten. Wer die untergegangene DDR verstehen will, muss sich auch mit der Normalität auseinandersetzen, die den Alltag von 17 Millionen Deutschen 40 Jahre lang prägte. Auch wird selten über die mehr als 400 000 Mitglieder der sogenannten Blockparteien gesprochen, die Teil einer Dienstklasse der DDR waren, die als Bürgermeister, stellvertretende Betriebsleiter, Minister oder in akademischen Funktionen an der Vermittlung der Macht der SED-Führung in die Gesellschaft mitwirkten. Es ist an der Zeit, dass man sich sachlicher und ernsthafter mit dieser Thematik befasst und zu Wertungen gelangt, die Bestand haben können. Es kann nicht mehr darum gehen, mit der Bewertung der vor zwanzig Jahren untergegangenen DDR die heutigen gesellschaftlichen Entwicklungen wahlweise zu erklären, zu entschuldigen oder anzuprangern.

Der Autor ist Kreisvorsitzender der Linke-Potsdam

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