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Brandenburg: „Ihr seid Fan-Weltmeister!“

Johlende Fans und singende Spieler: Die Nationalelf wird von 800 000 Zuschauern verabschiedet

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Am Ende, kurz nach 13 Uhr, schreiten die Nationalspieler noch einmal im Kollektiv durch die Massen vor dem Brandenburger Tor. „Wir danken euch“, steht auf dem langen Plakat, das die Fußballer lachend auf dem langen Steg hochhalten. „Ihr seid Fan-Weltmeister!“ Um sie herum wedeln die Menschen mit ihren Fahnen, pusten in ihre Tröten. 800 000 Fans sind am Sonntag noch einmal auf die WM-Meile gekommen, um die Helden zu bejubeln – und um sich selbst einmal feiern zu lassen.

Die Spuren der Nacht, in der Deutschland den dritten WM-Platz gegen Portugal geholt hatte, sind vielen Fans noch anzusehen, in der ganzen Stadt. Am Bahnhof Friedrichstraße etwa öffnet sich am frühen Morgen die Tür eines Campingwagens, ein Mann nuschelt etwas von „kurze Nacht, lange Party“, dann zieht auch er los – natürlich im Trikot der Nationalmannschaft. „Dass so viele noch einmal kommen, obwohl doch kein WM-Spiel übertragen wird – das hat uns überrascht“, sagt Senatssprecher Michael Donnermeyer. Für die Nationalmannschaft, die kurz nach halb zwölf in Tempelhof gelandet ist und mit einer großen Polizei-Eskorte durch die Stadt begleitet wird, ist es der erste Besuch auf der WM-Meile zwischen Brandenburger Tor und Siegessäule. Vier Wochen lang haben sie in Berlin gewohnt, am letzten Tag wollen auch sie noch einmal „Danke“ sagen.

Die Sportfreunde Stiller spielen auf der Bühne die inoffizielle, aber längst legendäre Fanhymne der WM: „54, 74, 90, 2006“. Und die Fans grölen textsicher mit. Hunderttausende stehen da noch immer draußen an den Einlasskontrollen, die Polizei mischt sich ein, es sind zu viele. Und das bei dieser Hitze, nach so einer Party-Nacht, nach diesen vier Wochen.

Auch Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) ist wieder da, mit seinem Lebensgefährten. Er hat nur einen Kurzauftritt, die Fans singen: „Wir wollen die Mannschaft sehen“. Als die Spieler endlich die Bühne vor dem Brandenburger Tor betreten, ist es kurz vor halb eins. Die Fans skandieren „Jüüüüürgen Kliiiinsmann“, tausende halten Plakate in die Fernsehkameras („Klinsi, wir brauchen dich!“), sie fotografieren den Bundestrainer, Klinsmann zückt eine Digitalkamera und knipst zurück.

Die Fans kommen aus dem ganzen Land, das Fanfinale steigt in der Hauptstadt. Drei junge Männer aus der Nähe von Hannover geben die Einpeitscher. Als die Spieler von einem Sprecher via Lautsprecher wie im Stadion mit Trikotnummer und Vornamen begrüßt werden, und die Masse die Nachnamen ruft, brüllen sie jedes Mal „Fußballgott“. Die Fußballgötter, ganz vorn auf der Bühne, hüpfen und singen. Lukas Podolski, David Odonkor und Gerald Asamoah grölen ins Mikrofon „Marmor, Stein und Eisen bricht“. Die Fans johlen.

Nach dem Jubelfest schreitet die Mannschaft ins Hotel Adlon. Es gibt ein „leichtes Mittagessen“, wie es heißt: Salat, Garnelen. Dann fahren sie zurück in ihr WM-Quartier, dem Schlosshotel Grunewald, wo schon wieder 150 Fans stehen und jubeln. Einige Spieler machten sich am Nachmittag auf den Weg ins Olympiastadion, Finale gucken. Andere fahren nach Hause, in den Urlaub. Sie haben Berlin nun verlassen. Aber vergessen werden sie die Stadt und all die Fans nicht.

Und am Abend sind wieder Hunderttausende auf der Fanmeile – zum Endspiel.

André Görke, Marc Neller

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