Brandenburg: Ihre Welt, eine Scheibe
Stoppt den Download, ein Woche im Zeichen der Platte. Auch The BossHoss stehen auf Vinyl
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Berlin - Der kleine Laden in der Danziger Straße in Berlin ist gerammelt voll. Teils stundenlang hatten die Fans der Band The BossHoss im Regen gewartet, und es sollte sich lohnen. Denn als sie zur ungewöhnlichen Konzertzeit um 12 Uhr mittags mit ihrem Gig beginnen, bebt das Vopo Records in Prenzlauer Berg. „Man spielt selten in so einem akustischen Raum“, sagt Alec Völkel, selbst begeistert von der Atmosphäre in dem kleinen Geschäft, das auf den Verkauf von Vinyl spezialisiert ist. Und Völkel und seine Bandkollegen sind Botschafter der diesjährigen Plattenladenwoche, die The BossHoss am Montag im Vopo Records eröffneten – standesgemäß mit einem Instore-Konzert. Die ganze Woche lang gibt es Veranstaltungen und Konzerte in 14 Plattenläden über die ganze Stadt verteilt, im Dodo Beach in Schöneberg wird zudem am Freitag der Nick-Cave-Film „2000 Days on Earth“ gezeigt.
Die Jungs von The BossHoss sind nicht die Einzigen, die sich für Vinyl einsetzen.
Im Vorjahr wurde die Plattenladenwoche, die bereits zum 7. Mal stattfindet, hat viele prominente Unterstützer – im Vorjahr eröffnete sie Bela B. von den Ärzten. Vinyl liegt im Trend, einige sprechen sogar vom Vinyl-Boom, die Druckwerkstätten sollen mit der Produktion gar nicht mehr nachkommen, heißt es bei der Eröffnung der Plattenladenwoche. So sind in Deutschland trotz Streamings drei Viertel des Musikmarktes noch physisch, das heißt, drei von vier Euro werden für CDs, DVDs und Schallplatten ausgegeben.
Gegründet wurde die Plattenladenwoche 2009 vom Fachhandelsverband Aktiv Musik Marketing (AMM). Dieses Jahr steht sie unter dem Motto „Made in Germany“, da passen die Botschafter von The BossHoss ganz gut.
„Das Besondere an einem Plattenladen ist ganz klar die Beratung und die Tiefe“, sagt Vopo-Inhaber Henry Voss. „In meinem Laden findet man nicht nur die Neuheiten, sondern das ganze Programm eines Künstlers, auch die alten Scheiben.“ Die beiden Frontmänner von The BossHoss nicken heftig. Eine Elektrofachmarktkette könne einfach nicht mit den Empfehlungen eines echten Plattenladens mithalten. Als Jugendliche hätten sie Stunden in solchen Läden verbracht. „Der Inhaber kannte unseren Geschmack und hat uns die richtigen Platten gezeigt“, erzählt er. „Das kann auch kein Algorithmus auf iTunes.“
Das sei vielleicht auch der Unterschied zu den Videotheken, die im Moment reihenweise schließen, sagt Henry Voss. Platten könne man eher mit Büchern vergleichen. Ob man ein Buch in den Händen hält und darin blättern kann oder nur auf einem digitalen Bildschirm liest – der Inhalt bleibt immer gleich. Nur die Qualität verändere sich.
So verhält es sich auch bei der Musik: Digitale Dateien sind praktisch für unterwegs – auch der Plattenladen-Inhaber selbst wandelt manchmal seine CDs oder Platten um und hört sie auf dem MP3-Player. Doch für den wahren Liebhaber wird es die Langschallplatte sein, die sein Herz erklingen lässt. Marcus-Johannes Heinz, Geschäftsführer von AMM, fasst das am Ende ganz gut zusammen: „Die Musik als Ware hat einen besonderen Wert und die LP verkörpert am besten handgemachte Musik.“ Hannah Hauer
14 Berliner Läden nehmen an der Plattenladen-Woche teil, die bis zum Sonntag deutschlandweit stattfindet. Eine Übersicht aller Veranstaltungen finden Sie unter: www.plattenladenwoche.de
Hannah Hauer
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