Brandenburg: Im Wettbewerb mit der Gemeinde GmbH
Rot-Rot will Regeln für Kommunalbetriebe lockern. Wirtschaftsverbände befürchten unfaire Konkurrenz
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Potsdam - Der Plan der brandenburgischen Landesregierung, Kommunen mehr wirtschaftlichen Spielraum einzuräumen, stößt bei Branchenverbänden und Teilen der Opposition auf Widerstand. Unter anderem beabsichtigt Rot- Rot laut eines Gesetzesentwurfs deutliche Erleichterungen bei der Gründung kommunaler Unternehmen sowie die Aufweichung des Örtlichkeitsprinzips, nachdem Kommunalbetriebe nur im eigenen Gemeindegebiet aktiv werden dürfen. Außerdem sollen Kommunen nicht mehr verpflichtet sein, private Anbieter bei der Auftragsvergabe zu bevorzugen. Gegner befürchten eine Benachteiligung privater Firmen, weil öffentliche Unternehmen nicht mehrwertsteuerpflichtig sind und deshalb günstigere Preise anbieten könnten.
„Durch wirtschaftliche Tätigkeit der Kommunen wird bereits jetzt der Wettbewerb zu Lasten der kleinen und mittelständischen Betriebe eingeschränkt“, meint etwa Wolf Burkhard Wenkel, Hauptgeschäftsführer der Fachgemeinschaft Bau Berlin-Brandenburg. Werde die kommunale Geschäftstätigkeit jetzt auch noch per Gesetz ausgeweitet, drohe vielen, ohnehin geschwächten Baubetrieben die Insolvenz. Ein solches Gesetz würde den fairen Wettbewerb ausschalten und Arbeitsplätze gefährden, glaubt auch der Hauptgeschäftsführer des regionalen Bauindustrieverbandes, Axel Wunschel. Ähnlich sieht es Wolfgang König, Hauptgeschäftsführer der Potsdamer Handwerkskammer: „Die Kommunen werden weniger Aufträge vergeben, weil sie die Arbeiten von eigenen Betrieben erledigen lassen.“
„Es ist nicht unser Ziel, die private Wirtschaft überflüssig zu machen“, wehrt sich Hans-Jürgen Scharfenberg, innenpolitischer Sprecher der Linke-Fraktion. „Vom Grundsatz geht es darum, die kommunale Grundversorgung durch die wirtschaftliche Tätigkeit der Gemeinden zu sichern.“ Dazu müssten kommunale Betriebe „konkurrenzfähig“ sein. Durch die Bevorzugung privater Firmen, wie es das Subsidiaritätsprinzip vorsehe, würden Kommunalbetriebe jedoch stark eingeschränkt. Erleichterungen beim Örtlichkeitsprinzip könnten zudem Synergien ermöglichen, die die Haushalte entlasten, sagt Scharfenberg. Zum Beispiel, wenn ein Kommunalbetrieb auch Aufgaben in einer Nachbargemeinde übernehme. „Dass Kommunen massiv etwa in das Baugeschäft einsteigen, kann ich mir nicht vorstellen.“
Nach Angaben des Landesinnenministeriums befindet sich der Gesetzesentwurf derzeit in der Ressortabstimmung. Mit dem Papier folgt Rot-Rot nicht zuletzt dem Wunsch des brandenburgischen Städte- und Gemeindebundes. „Im Vergleich zu Hessen und Sachsen-Anhalt ist Brandenburgs Kommunalverfassung bei den Regeln für kommunale Unternehmen sehr streng“, sagt Verbandsgeschäftsführer Karl-Ludwig Böttcher. Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung sei es sinnvoll, wenn nicht mehr jede Gemeinde alles vorhalten müsse. „Dass die Änderungen den Todesstoß für kleine und mittelständische Privatfirmen bedeutet, ist Unsinn“, so Böttcher. Vielmehr könnte eine Lockerung zusätzliche Impulse bringen. Studien zufolge würden etwa 80 Prozent der regionalen Wertschöpfung durch Aufträge kommunaler Unternehmen generiert.
CDU und FDP lehnen die Pläne dagegen ab. „Die Kommunen versuchen sich immer mehr Betätigungsfelder zu erschließen und treten dabei in einen unfairen Wettbewerb, weil sie keine Mehrwertsteuer aufschlagen müssen und kein unternehmerisches Risiko tragen“, kritisiert die CDU-Landtagsabgeordnete Saskia Ludwig. „Fällt die Genehmigungspflicht für kommunale Unternehmen wie geplant weg, wird es zu einem Gründungsboom kommen“, so Ludwig. Der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Raimund Tomczak, hält den Gesetzesentwurf ebenfalls für einen „Schritt in die falsche Richtung“. „Das ist glatte Wettbewerbsverzerrung.“
Grünen-Fraktionschef Axel Vogel aber stützt die Pläne: „Wir sind eindeutig auf der Seite der Landesregierung.“ Kommunale Wirtschaftsbetriebe müssten auch wirtschaftlich arbeiten können, so Vogel. „Wir brauchen eine Renaissance der Stadtwerke.“ Matthias Matern
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