Brandenburg: Immer mehr Korruption in Unternehmen
Schon die Annahme kleiner Aufmerksamkeiten kann Ermittlungen nach sich ziehen und strafbar sein
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Potsdam - Von Korruption sind in Brandenburg immer weniger die Behörden, zunehmend aber die Unternehmen betroffen. Nach Auskunft der Korruptionsstaatsanwaltschaft Neuruppin waren 2012 noch gut 15 Prozent der Korruptionsdelikte in der Wirtschaft und rund 80 Prozent in der Verwaltung aufgedeckt worden. Das Verhältnis habe sich 2013 auf 25 zu 70 Prozent verändert. Die restlichen fünf Prozent liegen in anderen Bereichen.
„Insgesamt haben wir 2013 fast 300 neue Korruptionsfälle auf den Tisch bekommen“, sagte Justizsprecher Cyrill Klement in einer Umfrage der Nachrichtenagentur dpa. Die Gesamtzahl der Fälle sei ein durchschnittlicher Jahreswert. Den prozentualen Anstieg im Wirtschaftsbereich führt Klement auf die zunehmende Sensibilisierung der Bevölkerung zurück. „Die Leute sind aufmerksamer geworden“, meinte der Sprecher. Abschreckende Beispiele aus der Vergangenheit haben ihm zufolge im Verwaltungssektor die Wirkung, dass die Mitarbeiter dort vorsichtiger geworden sind.
Die Sensibilisierung der Menschen zum Thema Korruption ist auch das Ziel der Antikorruptionsorganisation Transparency International (TI).
„Wir informieren und beraten Leute, die einen Verdacht hegen“, sagte TI-Vorstandsmitglied Gisela Rüß. Denn nur durch solche Hinweise könne man der Korruption auf die Schliche kommen. „Manche Leute auf wichtigen Posten wissen gar nicht, dass sie angefüttert werden“, erzählte Rüß. Spätestens ab der spendierten Mallorca-Reise als Entgegenkommen eines Unternehmers bei der Auftragsvergabe sollten Behördenmitarbeiter die Reißleine ziehen.
Antikorruptions-Kontrollen gestalten sich laut Rüß schwierig, da Korruption weit gefächert und schwammig definiert sei. Sie empfiehlt, Verfahrensabläufe so korruptionsresistent wie möglich zu gestalten. So sollten Entscheidungsprozesse für jeden nachvollziehbar aufbereitet werden. Ähnlich sieht das auch der Geschäftsführer des Brandenburgischen Städte- und Gemeindebundes, Karl-Ludwig Böttcher.
Regelmäßige Vergabeberichte sowie die Rückverlegung der Rechnungsprüfung in kommunale Hände sind für Böttcher dabei probate Mittel.
„Man muss aber aus der Mücke keinen Elefanten machen“, sagte Böttcher und ergänzte: „Wo gearbeitet wird, werden auch Fehler gemacht.“ Nach Informationen Böttchers stellten sich von den Verdachtsfällen zuletzt gerade mal acht bis zehn Prozent als begründet heraus. Bei der Staatsanwaltschaft Neuruppin haben sich 2013 etwa 20 Prozent der Korruptionsvorwürfe bestätigt, erklärte Klement. Das bedeutet, dass gegen Beschuldigte Anklage erhoben wurde oder Beschuldigte eine Geldauflage zahlten, womit diese am Ende nicht vorbestraft sind.
Letztere Sanktion kommt vielen Leuten einem Schuldeingeständnis gleich, meinte Böttcher. „Ich kenne aber einige Bürgermeister, die nur gezahlt haben, um ihre Ruhe zu haben und ihre Familie aus der Sache rauszuhalten.“ Einige Kommunen und Kreise im Land verfügen über Korruptionspräventionsstellen.
So gibt es in Potsdam seit 2009 eine Antikorruptionsbeauftragte. Deren Bericht zufolge gab es im vergangenen Jahr 20 Hinweise auf Korruption in der Verwaltung der Landeshauptstadt.
Brandenburg ist, was Gremien zur Korruptionsbekämpfung angeht, nach Meinung von Transparency-International-Vorstand Rüß ganz gut aufgestellt. Bei aktuellen Fällen wie dem Strafverfahren gegen den Ex-Stadtwerkechef aus Brandenburg/Havel sowie in Sachen Auftragsvergabe an der Flughafenbaustelle in Schönefeld seien die Ermittler dran, millionenschwere Schäden für den Steuerzahler aufzudecken. „Solche schweren Fälle sind da aber die Ausnahme“, sagte Rüß. Christian Bark
Christian Bark
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