Brandenburg: Immobilienaffäre: SPD räumt Versäumnisse ein Abschluss des Untersuchungsausschusses ungewiss: Opposition will Ermittlungsakten auswerten
Potsdam - Die SPD-Landtagsfraktion hat erstmals Versäumnisse und mögliche Straftaten zum Schaden des Landes in der Immobilienaffäre um die einstige, 2006 privatisierte Landesfirma BBG eingestanden – drängt aber dennoch darauf, dass der Untersuchungsausschuss des Landtags am Dienstag kommender Woche einen Abschlussbericht beschließt. CDU und Grüne dagegen wollen weitere Beweisanträge einbringen und Zeugen hören.
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Potsdam - Die SPD-Landtagsfraktion hat erstmals Versäumnisse und mögliche Straftaten zum Schaden des Landes in der Immobilienaffäre um die einstige, 2006 privatisierte Landesfirma BBG eingestanden – drängt aber dennoch darauf, dass der Untersuchungsausschuss des Landtags am Dienstag kommender Woche einen Abschlussbericht beschließt. CDU und Grüne dagegen wollen weitere Beweisanträge einbringen und Zeugen hören. Grund sind neue, schwerwiegende Erkenntnisse der Staatsanwaltschaft Potsdam zu den Verkäufen von Landesflächen durch die Brandenburgische Boden Gesellschaft (BBG) in Oranienburg (Oberhavel) und Bad Saarow (Oder-Spree).
Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den früheren Chef und Inhaber der BBG, Frank Marczinek, und andere wegen des Verdachts auf Untreue. Marczinek wird vorgeworfen, in Landesauftrag Flächen aus Landeseigentum unter Wert privatisiert, dem Land höhere Einnahmen vorenthalten und dabei selbst abkassiert zu haben.
In der vergangenen Woche hatte die Staatsanwaltschaft dem Untersuchungsausschuss diverse Akten zu den Fällen in Oranienburg und Bad Saarow zur Verfügung gestellt. Die Unterlagen zu Bad Saarow sind aber vom Justizministerium wegen des Steuergeheimnisses komplett als „Verschlusssache – nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft worden – nicht von der Staatsanwaltschaft. Die Ausschussmitglieder können die Akten der Staatsanwaltschaft zwar lesen, diese aber nicht für den Ausschuss verwerten. Selbst der SPD-Obmann Mike Bischoff sagte aber am Dienstag mit Blick auf die neuen Erkenntnisse der Ermittler: „Ich will und kann nicht ausschließen, dass hier möglicherweise durch Schachtelgeschäfte und betrügerisches Handeln ein Unterwertverkauf geschehen ist.“ Er räumte ein, dass der Verkauf früherer Militärliegenschaften in Bad Saarow durch die BBG entgegen früherer Aussagen doch problematisch gewesen sei. Grünen-Fraktionschef Axel Vogel sagte, es gebe neue Erkenntnisse darüber, dass dem Land beim Verkauf von Immobilien Schaden entstanden sei. Auch er nannte mit Verweis auf die noch der Geheimhaltung unterliegenden Dokumente keine Details. Die CDU sprach von Zahlen und Fakten, die sich verdichteten.
Ob wie von der SPD geplant am kommenden Dienstag der zu Bad Saarow bereits geänderte Entwurf des Abschlussberichtes beraten werden kann, ist ungewiss. CDU und Grüne haben vorsorglich ein Minderheitenvotum angekündigt. Zudem haben sie wegen der neuen Ermittlungserkenntnisse der Staatsanwaltschaft mehrere neue Anträge gestellt. An die Landesregierung ging ein Schreiben mit der Forderung, die Deklarierung als „Verschlusssache“ zurückzunehmen und die Akten freizugeben. Zudem wird Ausschusschef Sören Kosanke aufgefordert, dies zu überprüfen. Zwar betreffen einige Unterlagen wohl das Steuergeheimnis, aber nicht alle. Das Justizministerium hat nach Ansicht von CDU und Grünen keine Abwägung vorgenommen, sondern die Geheimhaltungsstufe komplett über alle Unterlagen verhängt, selbst jene, die längst öffentlich sind. Zudem wollen CDU und Grüne den im Fall Bad Saarow und Oranienburg zuständigen Staatsanwalt und einen beim Bad-Saarow-Deal beteiligten Unternehmer als Zeugen hören. Nach PNN-Informationen haben die Ermittler deutliche Parallelen bei der Abwicklung beider Deals durch die BBG festgestellt. Der BBG-Deal gilt nach Ansicht von CDU und Grünen als Blaupause für das spätere Vorgehen in Oranienburg. Würde sich dies bestätigen, wäre es relevant für die Frage, ob mit dem – für den Straftatbestand der Untreue notwendigen – Tatvorsatz gehandelt wurde.
Trotz der offenbar weitreichenden Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft sieht SPD-Obmann keine Grund für eine weitere Beweisaufnahme. Im Untersuchungsausschuss, der mit dreieinhalb Jahren so lange gedauert hat wie kein anderer zuvor seit 1990, seien keine groben Missstände beim Verkauf von Landeseigentum festgestellt worden. In 200 untersuchten Fällen seien keine Hinweise auf Unterwertverkäufe zum Schaden des Landes festgestellt worden – mit Ausnahme von Bad Saarow.
Dennoch bezeichnete Bischoff die Privatisierung der BBG im Jahr 2006 als Fehler. Und er fand deutliche Worte, die auch ein Schlaglicht auf die in Landesauftrag handelnde BBG werfen: „Ich glaube nicht, dass es richtig war, Vermögenswerte in eine private Gesellschaft zu überführen. Es könnte sich herausstellen, dass es Schlupflöcher bei einer gewissen kriminellen Energie gibt, die man nur schwer schließen kann.“ Es sei klar, dass die Prüfpraxis im Finanzministerium verbessert werden müsse. Helmuth Markov (Linke) hatte bereits als Finanzminister die Vorgaben verschärft. Gerade wegen des Deals in Bad Saarow sei klar, dass bei Weiterverkäufen von Landeseigentum und Firmenkonstrukten intensiver geprüft werden müsse, so Bischoff. Man dürfe dabei nicht zu gutgläubig sein. Nötig sei eine Plausibilitätsprüfung. Die Landesverwaltung dürfe nicht einfach Unterlagen der BBG „adhoc und eins zu eins übernehmen“.
nbsp;Alexander Fröhlich
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