Brandenburg: In Berlin bleibt Beschneidung straffrei Brandenburg lehnt eine eigene Regelung ab
Berlin/Potsdam - Die Beschneidung von Jungen aus religiösen Gründen wird in Berlin nicht strafrechtlich verfolgt. Zu dieser Rechtspraxis hat sich Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) gemeinsam mit der Generalstaatsanwaltschaft entschlossen für die Zeit, bis es eine bundesgesetzliche Regelung gibt.
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Berlin/Potsdam - Die Beschneidung von Jungen aus religiösen Gründen wird in Berlin nicht strafrechtlich verfolgt. Zu dieser Rechtspraxis hat sich Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) gemeinsam mit der Generalstaatsanwaltschaft entschlossen für die Zeit, bis es eine bundesgesetzliche Regelung gibt. Drei Bedingungen müssen dafür erfüllt sein: Die Eltern müssen über die Risiken des Eingriffs aufgeklärt werden und ihre Einwilligung schriftlich erteilen, die religiöse Notwendigkeit des Eingriffs muss nachgewiesen werden, und die Beschneidung selbst muss nach medizinisch fachgerechtem Standard vorgenommen werden. „Der Kölner Fall würde in Berlin eindeutig nicht strafrechtlich verfolgt“, sagte Heilmann am Mittwoch.
Das Landgericht Köln hatte im Mai geurteilt, die rituelle Beschneidung sei als Körperverletzung strafbar, und damit eine heftige Debatte in Gang gesetzt. Schon im Juli beschloss Baden-Württemberg, bei Beschneidungen nicht zu ermitteln. Nun folgt Berlin. Andere Länder haben sich gegen eigene Regelungen entschieden, zum Beispiel Bayern, Nordrhein-Westfalen und auch Brandenburg. „Das Thema erfordert eine differenzierte Betrachtung. Darum gibt es eine strenge Einzelfallprüfung“, sagte ein Sprecher des Justizministeriums am Mittwoch in Potsdam. Es gebe derzeit keinen Erlass der Generalstaatsanwaltschaft mit Vorschriften für die Staatsanwaltschaften. Das Ministerium sieht dafür bislang auch keine Veranlassung. Derzeit sei kein aktueller Fall einer Beschneidung im Land bekannt, so der Sprecher. Anders als in Berlin ist die Zahl der gläubigen Muslime und Juden vergleichsweise klein. Zählt die Jüdische Gemeinde Berlin eigenen Angaben zufolge etwa 10 500 Mitglieder, sind es in allen sieben brandenburgischen Ortsgemeinden zusammen etwa 1300 Mitglieder.
Vor allem in Berlin hatte das Kölner Urteil für Empörung gesorgt. „Es hat unter den Ärzten große Unsicherheit gegeben“, sagte Heilmann als Begründung für die jetzt getroffene Regelung. „Wir können ihnen nicht sagen: In fünf Jahren wird der Bundesgerichtshof die Sache entscheiden, dann haben Sie Rechtssicherheit.“ Deshalb habe sich Berlin auch nicht mit anderen Bundesländern abgestimmt – das hätte Monate, wenn nicht Jahre gedauert, sagte Heilmann.
Der Chefarzt der Klinik für Innere Medizin am Jüdischen Krankenhaus, Kristof Graf, zeigte sich mit der Entscheidung zufrieden. „Die Konsequenzen aus dem Kölner Urteil waren für uns eine Katastrophe“, sagte Graf. Nach dem Kölner Urteil hatte das in Wedding gelegene Krankenhaus, dessen Beschneidungspatienten zu achtzig Prozent Muslime sind, keine Beschneidungen mehr durchgeführt.
In muslimischen Kreisen wurde die Rechtspraxis ebenfalls begrüßt. „Wir sind sehr glücklich über diese Entscheidung“, sagte Süleyman Kücük vom Berliner Landesverband der Türkisch-Islamischen Union (Ditib). „Und auch die Ärzte, die Beschneidungen durchführen, sind froh, dass sie sich nicht in der Illegalität befinden.“ Fatina Keilani (mit mat)
Fatina Keilani (mit mat)
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