Brandenburg: In Brandenburg ist alles möglich
Thorsten Metzner
Stand:
Was ist plötzlich in Brandenburg los? Da verkündet SPD-Regierungschef Matthias Platzeck, eine Bundesgartenschau 2015 im Havelland nun doch zu unterstützen. Zuvor hatten seine SPD-Minister die Bewerbung noch nach Kräften bekämpft. Da bleibt in der CDU der allgemein erwartete Putsch gegen Parteichef Ulrich Junghanns aus. Stattdessen wählen die für innerparteiliche Massaker berüchtigten Christdemokraten auf dem Parteitag seinen eher schwachen Kandidaten Rolf Hilke, wenn auch knapp, zum Generalsekretär und beschließen einstimmig (sic!) ein neues Parteiprogramm. Da bringt Linksparteichef Thomas Nord vorgezogene Neuwahlen ins Spiel, was Platzeck wiederum so ernst nimmt, dass er es postwendend dementiert. Was alles miteinander zu tun hat? Ganz einfach, Brandenburgs politische Tektonik ist in Bewegung. Denn die Kommunalwahl 2008 und die bislang für 2009 geplante Landtagswahl rücken näher. Es geht, ob bei SPD, CDU oder Linken, schon jetzt um die beste Ausgangslage. Man merke: Das öffentliche Bild und der reale Zustand der Parteien müssen nicht identisch sein. Platzecks SPD etwa steht nach den Umfragen etwa mit 40 Prozent der Wählergunst blendend da. Und trotzdem liegt einiges im Argen, wie die dramatische Fehleinschätzung bei der Buga-Bewerbung zeigt. Die Unterstützung war über Parteigrenzen hinweg so massiv, dass Platzeck auf den fahrenden Zug quasi in letzter Minute aufspringen musste. Der führenden Regierungspartei Brandenburgs darf so etwas nicht passieren. Zum zweiten Mal seit dem „Fall Szymanski“, seit dem Wirbel um die Versorgung für den Ex-Infrastrukturminister und heutigen Cottbuser Oberbürgermeister, haben die Frühwarnsysteme versagt, ist das „System Platzeck“ an Grenzen gestoßen. Und die CDU? Ob aus Ermattung oder aus wachsender Einsicht vor den Wahlen, dass durch Selbstzerfleischung niemand gewinnt: Die Union scheint sich vorsichtig zu konsolidieren. In den Umfragen liegt sie erstaunlich stabil. Wo könnte sie ohne die Dauerquerelen stehen? Parteichef Junghanns hat Zeit gewonnen. Die Spannungen bestehen zwar unter der Oberfläche fort. Aber die Kräfteverhältnisse haben sich zu seinen Gunsten verschoben, weil seinen Gegnern die personelle Alternative fehlt. Ex-Generalsekretär Sven Petke ist es nicht mehr – oder noch nicht wieder. Kulturministerin Johanna Wanka, die ihm gefährlich werden könnte, wurde nicht zur Königsmörderin. So dürften offene Machtkämpfe erst nach der Kommunalwahl wieder ausbrechen. Auffällig bleibt, wie gleichzeitig die Entfremdung zwischen Union und SPD in der Koalition wächst, wie die Nähe von Rot-Rot zunimmt. Und die Linkspartei bereitet sich systematisch darauf vor, das Land mitregieren zu können. Personell dominieren Reformpolitiker, das Programm wird realistisch. Wohin das führt? Wer weiß, eine Koalition kann auch platzen, wenn die Union nicht durch Grabenkämpfe schwächer, sondern stärker – und damit für die SPD gefährlicher wird. Neuwahl-Szenarien sind eben nicht per se Spinnerei. In Brandenburg ist alles möglich.
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