Brandenburg: In vielen Grenzstädten werden vermehrt Autos gestohlen
Seit der Grenzöffnung Ende 2007 erreichen Eigentumsdelikte Höchststände
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Cottbus/Görlitz - Die Liste der gestohlenen Autos, die Kriminalhauptkommissar Uwe Horbaschk von der Polizeidirektion Oberlausitz-Niederschlesien vor sich liegen hat, wird nahezu täglich länger. Edelkarossen finden sich darauf ebenso wie uralte Kisten. „Es ist ein Phänomen, wie viele Autos derzeit verschwinden“, sagt der Görlitzer Polizist. Wiederbeschaffen kann er kaum eines der gestohlenen Fahrzeuge. „Ein Teil wird sofort filetiert und in Ersatzteilen verkauft, die besseren verschwinden auf Nimmerwiedersehen ostwärts“, sagt Horbaschk.
Schon kurz nach dem Wegfall der Grenzkontrollen zwischen Szczecin (Stettin) und Zittau Ende 2007 schnellte die Zahl der Autodiebstähle und Laubeneinbrüche in der deutsch-polnischen Grenzregion in die Höhe. In jüngster Zeit scheint vor allem der Autoklau in Sachsen und Brandenburg regelrecht zu boomen. In südbrandenburgischen Guben verschwanden im vergangenen Jahr mit 68 Fahrzeugen gut ein Drittel mehr als 2008, in Forst verdoppelte sich die Zahl im Jahr 2009 auf 34 Diebstähle. Im sächsischen Zittau wurden im vergangenen Jahr 243, in Görlitz 137 Autos gestohlen.
Die begehrtesten Marken der Diebe, sagt Berndt Fleischer vom Schutzbereich Cottbus/Spree-Neiße, seien Volkswagen und Audi. „Die Täter haben es vor allem auf Passat und Golf und bei Audi auf sämtliche Typen abgesehen“, weiß der Polizist. Er vermutet wie sein sächsischer Kollege Horbaschk, dass ältere Fahrzeuge zur Ersatzteilgewinnung zerlegt würden und neuere Modelle in Richtung Russland, die Ukraine und das Baltikum geschickt würden. „Der polnische Markt selbst ist gedeckt“, sagt Fleischer. Die neuen Absatzmärkte reichten weiter östlich.
Die Lage in der Grenzregion ist indes uneinheitlich, nicht überall werden zunehmend Fahrzeuge gestohlen. So stiegen in Städten wie Görlitz, Guben oder dem uckermärkischen Schwedt die Diebstähle an, im ländlichen Grenzverlauf sind Autobesitzer dagegen sicherer vor Dieben. In Frankfurt (Oder), der größten Stadt an der 442 Kilometer langen deutsch-polnischen Grenze, ist die Zahl der Diebstähle in den vergangenen beiden Jahren gleich geblieben, allerdings auf einem unvermindert hohen Niveau, wie Detlef Lüben vom dortigen Schutzbereich sagt. „Mit 209 Fahrzeugen liegen wir ganz knapp über dem Vorjahr. Im Vergleich zur Zeit vor Schengen sind das aber immer noch 100 Prozent mehr“, sagt er. Fahndungserfolge kann die Polizei bislang nur wenige aufweisen. „Zuletzt haben wir zwei Polen in flagranti erwischt. Einer hat Schweißgeräte geklaut, der andere wurde bei einem Autodiebstahl beobachtet“, sagt Fleischer über die jüngsten Treffer. Auch in Sachsen tun sich die Fahnder schwer. „Die aktuelle Aufklärungsquote liegt bei maximal zehn Prozent, das ist zurzeit noch sehr schmal“, räumt Uwe Horbaschk ein. Ohne die Täter, die vermutlich aus Polen und Litauen, aber auch aus Deutschland stammen, haben die Fahnder keine Chance, an die Hintermänner zu gelangen. Die Diebe selber seien nur kleine Fische. Doch über sie kommen man „an die Hintermänner ran“, sagt dazu Fleischer.
Um dem Phänomen Herr zu werden, setzen viele Schutzbereiche auf personelle Verstärkung und mehr polizeiliche Präsenz vor allem in den Abendstunden und in der Nacht. „Seit dem vergangenen Jahr kontrollieren wir mit fast 80 zusätzlichen Beamten in der Fläche. Demnächst kommen noch mal 20 dazu“, sagt Uwe Horbaschk in der Oberlausitz.
In Frankfurt, wo die Arbeitsgruppe „KFZ“ mit 16 Zivilfahndern sowie einem Kollegen auf polnischer Seite agiert, hat der Polizeipräsident Anfang März zudem Sondermaßnahmen angeordnet. „Für die kommenden drei Monate werden verdachtsunabhängige Kontrollen bei Autofahrern durchgeführt“, sagt Lüben. Gleichzeitig warnt er aber vor Panikmache. „Abgesehen von den Autodiebstählen hat sich die allgemeine Kriminalitätslage seit 2007 deutlich gebessert“, sagt Lüben.
Michael Klug
Michael Klug
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