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Brandenburg: Jeder dritte Märker künftig ohne Frau

Bevölkerungsexperte Harald Michel: Trotz Abwanderung in der Region für Stabilität sorgen

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Potsdam - Jeder dritte Mann in den ländlichen Regionen Brandenburgs wird künftig keine Partnerin finden. Mit dieser Prognose hat der Bevölkerungsexperte Harald Michel jetzt Brandenburgs Landtagsabgeordnete überrascht, obwohl das Parlament sich seit zwei Jahren intensiver mit den Folgen von Geburtenrückgängen und anhaltender Abwanderung aus den berlinfernen Regionen befasst und Hiobsbotschaften gewohnt ist. „Man muss darüber nachdenken, wie man trotzdem in diesen Regionen für soziale Stabilität sorgen kann“, sagte Michel auf einer Anhörung zur demografischen Entwicklung.

Zwar wurde dort Brandenburg von Experten durchaus bescheinigt, dass die von Regierungschef Matthias Platzeck eingeleitete Konzentration der Förderpolitik auf ausgewählte Wachstumskerne im Land, auf innovative Branchen sowie Bildungs- und Wissenschaftspolitik richtig ist. „Die frühere Strategie einer breiten Förderung ist nicht mehr finanzierbar“, sagte Professor Hans Joachim Kujath vom Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung in Erkner. Es müsse darum gehen, die Abwärtsspirale zu stoppen, die Bevölkerung zu halten.

Doch man ließ keinen Zweifel, dass dies sehr langfristig möglich, der Einfluss der Politik überhaupt gering ist. Kujath etwa sprach sich dafür aus, Existenzgründer-Programme an den Hochschulen auszuweiten, auf „Schlüsselprojekte“ in den Regionen zu setzen und die Telekommunikationsinfrastruktur auszubauen. Bei der Breitband-Infrastruktur etwa lägen Bayern und Baden-Württemberg vorn, während sich in der Hauptstadtregion das Netz auf Berlin und die größeren Städte Brandenburgs beschränke.

Trotzdem warnte insbesondere Harald Michel vor dem Irrglauben, durch Familienpolitik die Geburtenraten steigern zu können. Das habe noch nirgendwo auf der Welt funktioniert. Und selbst in der DDR hätte das damalige sozialpolitische Programm nur bis 1986 zu höheren Geburten geführt, „danach begann das Schrumpfen“ der Bevölkerung. Ostdeutschland sei durch die massive Abwanderung besonders betroffen. „Sie hat dem Westen 10 Jahre zum Atemholen verschafft“, so Michel. 1990 habe es in Ostdeutschland eine im Vergleich zum Westen junge Bevölkerung gegeben. Das habe sich durch die Abwanderung mittlerweile umgekehrt. Der Bevölkerungsexperte äußerte sich skeptisch, dass die „Verödungsspirale“ in den Randregionen Brandenburgs zu stoppen ist. Die dort verbleibende Bevölkerung werde „männlich, von Sozialtransfers abhängig sein, einen geringen Ausbildungsstand haben“, warnte er. Michael prophezeite, dass Ostdeutschland allein schon wegen seiner immer älteren Bevölkerung langfristig auch über das Auslaufen des Solidarpaktes 2019 hinaus von Transferleistungen abhängig sein werde. „Das werden Zuwendungen von Jung für Alt sein, die sich räumlich manifestieren“ – mit allen politischen Schwierigkeiten, die damit verbunden seien.

Grundsätzlich, so die Experten, müsse sich Brandenburgs Gesellschaft auf Polarisierungen einstellen.

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