Brandenburg: Jetzt wird um Details verhandelt
Grundsätzlich ist man sich einig: Berliner Flüchtlinge können nach Brandenburg kommen. Fachliche und rechtliche Details sind offen
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Berlin/Potsdam - Nun haben die Fachleute zu tun. Ehe die ersten Flüchtlinge tatsächlich Turnhallen in Berlin oder die Massenunterkunft in Tempelhof verlassen können, um in Brandenburger Unterkünfte umzuziehen, wird noch Zeit vergehen. Vor Frühsommer wird das kaum möglich sein. Das ergibt sich aus dem Fahrplan, auf den sich die beiden Verhandelnden Björn Böhning und Rudolf Zeeb, die Kanzleichefs des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller und seines brandenburgischen Amtskollegen Dietmar Woidke (alle SPD), bei ihrem Treffen am Mittwoch verständigten. Es seien nun „durch die Fachverwaltungen noch weitere rechtliche und organisatorische Fragen zu klären“, sagte Zeeb am Abend den PNN. Ein weiteres Treffen der beiden Kanzleichefs ist nach seinen Worten für Mai angesetzt. Wenn diese Vorbereitungen abgeschlossen sind, kann es eine politische Entscheidung der beiden Regierungschefs geben. Auch Senatssprecherin Daniela Augenstein sprach von einem „sehr guten, konstruktiven Gespräch.“
Demnach sind sich beide Seiten inzwischen zumindest grundsätzlich einig, dass es nach monatelangem Hickhack doch zur brandenburgischen Hilfe kommen kann, um das Flüchtlingschaos in Berlin etwas zu entschärfen. „Es ist möglich, vorübergehend Flüchtlinge aus dem Nachbarland aufzunehmen, wenn Berlin daran Bedarf hat“ sagte Zeeb. Dafür wäre nach seinen Worten auch kein Staatsvertrag nötig. In Brandenburg, so der Plan, soll aber das Kabinett dafür seine Zustimmung geben. Es wäre bundesweit die erste länderübergreifende Kooperation in der Flüchtlingsfrage, bei der Brandenburg – zusätzlich zu seinem Kontingent aus der bundesweiten Verteilung – noch Berliner Flüchtlinge übernehmen würde. Möglich wird das, weil seit Jahresbeginn weniger Flüchtlinge kommen und in Brandenburg von den 6200 Plätzen zur Erstaufnahme aktuell 4349 nicht belegt sind. Im letzten halben Jahr hatte Brandenburg die Kapazitäten durch hergerichtete frühere Kasernen und Bürogebäude, aber auch angemietete Immobilien, verdreifacht, ohne dass es zu chaotischen Verhältnissen wie im benachbarten Berlin kam. Dort leben immer noch 10 000 Flüchtlinge unter teils entwürdigenden Bedingungen in Turnhallen, in Brandenburg keiner.
Eine Massenunterkunft für Berliner Flüchtlinge in ILA-Messehallen im brandenburgischen Dorf Selchow bei Schönefeld, wo das Rote Rathaus gleich 5000 Flüchtlinge einquartieren wollte, wird es bei der sich anbahnenden Einigung aber definitiv nicht geben. Das hat Brandenburgs Regierungschef Dietmar Woidke (SPD) kategorisch ausgeschlossen, am Ostermontag jedoch erstmals Bereitschaft für eine Unterbringung anderswo im Land signalisiert. Es könnten, so die Potsdamer Linie, vorzugsweise Flüchtlingsfamilien in berlinfernen Regionen untergebracht werden. In berlinfernen Regionen hat Brandenburg unausgelastete Kapazitäten in der früheren Bundeswehrkaserne in Doberlug-Kirchhain (Elbe-Elster) im Süden des Landes (677 freie Plätze), in der Behördenstadt Wünsdorf (623) und in Frankfurt (Oder) (928). Dort war ein ganzes Hotel angemietet worden.
Zugleich dämpfen die Brandenburger aber Berliner Erwartungen. Schon um Vorsorge zu haben, „werden wir nicht alle freien Plätze Berlin zur Verfügung stellen können“, hatte Regierungssprecher Andreas Beese schon vorher klargestellt. In Potsdam ist die Rede von „kleineren Einheiten“, was 500 oder auch 1000 Flüchtlinge sein könnten. In Brandenburg gibt es aber auch Kritik an der geplanten Kooperation, und zwar nicht nur von der AfD. Die oppositionelle CDU sieht darin ein „Wahlkampfgeschenk“ Woidkes für Müller. Berlins CDU-Sozialsenator Mario Czaja hingegen hatte die „erfreuliche Wendung“ Woidkes begrüßt.
nbsp;Thorsten Metzner
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