Brandenburg: Junge Täter sollen schneller vor Gericht Prozess nach drei Wochen – statt nach drei Monaten
Berlin - Gerichtsverfahren spätestens drei Wochen nach der Tat – dieses Modell beschleunigter Jugendstrafverfahren soll in Berlin ausgeweitet werden. In den Bezirken Neukölln und Friedrichshain-Kreuzberg gibt es solche schneller angesetzten Verhandlungen schon seit Juli 2008, nun will die Justizverwaltung das als „Neuköllner Modell“ bekannte Projekt ab September 2009 auch auf die Bezirke Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf und Treptow-Köpenick ausdehnen.
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Berlin - Gerichtsverfahren spätestens drei Wochen nach der Tat – dieses Modell beschleunigter Jugendstrafverfahren soll in Berlin ausgeweitet werden. In den Bezirken Neukölln und Friedrichshain-Kreuzberg gibt es solche schneller angesetzten Verhandlungen schon seit Juli 2008, nun will die Justizverwaltung das als „Neuköllner Modell“ bekannte Projekt ab September 2009 auch auf die Bezirke Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf und Treptow-Köpenick ausdehnen.
Normalerweise vergehen in Berlin drei bis sechs Monaten zwischen Tat und Gerichtstermin. Um ein Verfahren beschleunigen zu können, müssen bestimmte Voraussetzungen gegeben sein: So müssen die Täter Jugendliche und die Fälle relativ eindeutig sein, damit sie schnell abgehandelt werden können. Das heißt konkret, dass der Täter geständig ist und maximal drei Zeugen gehört werden müssen. Zudem muss das in Betracht kommende Strafmaß unter der Jugendstrafe liegen, vier Wochen Jugendarrest sind bei beschleunigten Verfahren die Höchststrafe.
Intensivtäter können folglich nicht nach diesem Verfahren verurteilt werden. Es gehe vielmehr darum, kriminelle Karrieren möglichst früh zu verhindern, sagt die Initiatorin des Neuköllner Modells, Jugendrichterin Kirsten Heisig. Sie wendete bereits im Januar 2008 im Neuköllner Rollberg-Kiez das Verfahren an. Deshalb habe man auch angesichts der geplanten Ausweitung bei ihr nachgefragt, sagt sie.
Nach Heisigs Erfahrung „ist es in diesem Bereich außerordentlich sinnvoll, schnell zu agieren“. Vor allem, weil die Situation in der Verhandlung dann eine ganz andere sei. „Kurz nach der Tat sind die Erinnerungen und Emotionen bei den Beteiligten noch präsent.“ Dann könne man auch viel besser feststellen, wie und warum die Tat tatsächlich abgelaufen ist. Nach einem halben bis dreiviertel Jahr hätten sowohl das Opfer wie auch der Täter oft den Bezug zur Tat verloren. Gerade wenn es zum Beispiel darum gehe, dass ein Schüler einen Lehrer beleidigt oder bedroht habe. Bei einem schnellen Verfahren erziele so „die Hauptverhandlung eine pädagogische Wirkung, unabhängig von der Maßnahme, die am Ende angeordnet wird“. Genau dieser erzieherische Effekt sei das Ziel des Jugendstrafrechts. Dennoch lasse sich mit dem Modell das Problem Jugendkriminalität nicht komplett lösen. Es sei aber ein wichtiger Mosaikstein.
Ermöglicht wird die beschleunigte Abhandlung von Fällen durch eine schnellere Zusammenarbeit von Polizei, Staatsanwaltschaft, Jugendgerichtshilfe und Jugendrichtern. Dabei sei der erste Schritt, den Polizisten bekannt zu machen, dass es möglich ist, einfache Verfahren schnell weiterzuleiten. Die Beamten in den Kiezen könnten dann gut einschätzen, wer infrage kommt. „Die kennen ihre Pappenheimer“, sagt Heisig überzeugt.
Die Initiative, die Verfahrensweise nun auch im gesamten Gebiet der Polizeidirektion 6 anzuwenden, ging vom Amtsgericht Tiergarten aus. Ein Kollege, der für Hellersdorf zuständig ist, sei auch schon länger an ihrer Arbeit interessiert gewesen, erzählt die Jugendrichterin.
In einem ersten Schritt sollen nun die zuständigen Polizeibeamten in den betroffenen Abschnitten ausgebildet werden. Jugendrichterin Heisig ist froh, dass das von ihr angestoßenen Projekt weitere Kreise zieht. „Sinn ist, dass sich das verbreitet und in ein paar Jahren zum Standard wird.“ Florian Ernst
Florian Ernst
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