
© dpa/Hannibal Hanschke
Brandenburg: Jungfernfahrt zum Jungfernstieg
Vom Bahnhof Zoo geht es nun wieder in die Ferne – mit dem Billigzug nach Hamburg. Eine Testfahrt
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Berlin - Noch ist es nicht so weit. „Bosporus-Lok“ steht auf der Lokomotive. Doch es ist kein neuer Orient-Express, der Montag kurz vor 7 Uhr im Berliner Bahnhof Zoo einrollt. Ziel ist „nur“ Hamburg. Aber trotzdem ist es ein ganz besonderer Zug: Zum ersten Mal seit Mai 2006 steht auf dem Anzeigeschild wieder das Ziel „Hamburg Hbf“. Umsteigefrei kann man nun auch wieder vom Bahnhof Zoo in die Stadt an der Elbe fahren. Und so billig wie nie zuvor, aber ohne Halt in Brandenburg. Lediglich 19,90 Euro kostet die einfache Fahrt, Man kann sie auch richtig genießen, denn der Zug ist rund drei Stunden unterwegs; etwa doppelt so lang wie der ICE, bei dem die Fahrt zum Normalpreis dafür gut das Dreifache kostet.
Und deshalb gibt’s Applaus für den Zug. Zaghaft nur, aber immerhin, einige Menschen auf dem Bahnsteig, vorwiegend Mitglieder der SPD Charlottenburg-Wilmersdorf, klatschen, als der Zug an den Bahnsteig rollt. Und hält! Im Bahnhof, den die Bahn zum Regional- und S-Bahnhof degradiert hat.
Knapp hundert zahlende Fahrgäste hat Joachim Trettin, der Vorsitzende von DB Regio Nordost im Jungfernzug zum Jungfernstieg in Hamburg überschlägig gezählt. Der Zug ist aber viel voller. Die Bahn hat auch zahlreiche Gäste eingeladen, das neue Angebot kennenzulernen. Auch Elisabeth Manz von der Stadtmission an der Jebensstraße ist dabei. Ob sie am Bahnhof Zoo gern auch wieder Fahrgäste des Fernverkehrs betreuen würde? Ja, sagt sie. Ein Fernzug ist das neue Angebot für die Bahn nämlich nicht. Der Zug fährt unter Regie des Regionalverkehrs – ohne den sonst üblichen Zuschuss durch die Bundesländer, die er passiert. Die Bahn brauche deshalb viele Fahrgäste, sagte Projektleiter Carsten Moll. Weil im Zug auch viele günstige Sonderangebote gelten, ist die Durchschnittseinnahme pro Fahrgast relativ gering. Für Heike und Axel, die ihren vollen Namen nicht nennen wollen, war der Preis auch der Grund, diesen Zug für das Ziel Hamburg zu wählen, wo sie Freunde besuchen wollen. Den Termin haben sie extra verschoben und auf den Start des Billig-Zuges gewartet.
Interregio-Express (IRE) nennt die Bahn ihr neues Produkt. Interregio hießen einst die Züge des Fernverkehrs, die abseits der Magistralen kleinere Städte ans große Netz der Bahn anschließen sollten. Schon vor Jahren hat ihn die Bahn aus dem Verkehr gezogen. Zu unrentabel soll der Interregio gewesen sein. Das soll dem IRE nicht passieren.
Einige der für den Interregio angeschafften Wagen sind noch vorhanden. Die Bahn hat sie aufgefrischt oder ist noch dabei; und nun bieten sie wieder den früher sehr geschätzten Komfort. Lediglich für Fahrräder müssen noch Wagen umgebaut werden, Ende Juni sollen auch sie einsetzbar sein. Aber auch jetzt könne man schon Räder mitnehmen, falls Platz ist, heißt es. Die umgebauten Fahrradwagen werden dann reservierungspflichtig sein – aber ohne Aufpreis.
Am Premierentag waren auch die Zugbegleiter besonders freundlich. Mit einem herzhaften „Guten Morgen“ begrüßte der Bahn-Mitarbeiter in Spandau die einsteigenden Fahrgäste. Während der Fahrt gab’s Gratis-Kaffee für alle. Von Service-Mitarbeitern in roten Jacken mit der Aufschrift „bahn.de.berlin-hamburg“. In Zukunft müssen die Fahrgäste aber für den Kaffee zahlen.
Und die Bahn strengte sich weiter an. Pünktlich erreichte der IRE den Hauptbahnhof in Hamburg. Nur die Sonne schien nicht. Der SPD-Abgeordnete Frank Jahnke freute sich trotzdem. Für ihn ist der Halt des Regionalzugs im Bahnhof Zoo bei seiner Fahrt nach Hamburg der Anfang von der Renaissance des Bahnhofs als Station des Fernverkehrs.
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