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Brandenburg: Juristisch sauber – politisch belastet

Die Staatsanwaltschaft sieht keinen Untreueverdacht gegen Wirtschaftsminister Christoffers in der Odersun-Affäre

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Potsdam - Die umstrittene Millionenförderung des insolventen Solarunternehmens Odersun in Frankfurt (Oder) bleibt für Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) ohne strafrechtliche Folgen – politisch aber bleibt ein deutlicher Makel. Wie die Staatsanwaltschaft Potsdam mitteilte, sind nach umfassender Auswertung der Unterlagen „die Voraussetzungen für die Aufnahme von Ermittlungen nicht gegeben“. Durch die von Christoffers gewährte Rettungsbeihilfe sei dem Land kein Schaden entstanden. Zum einen seien die ausgezahlten 3,2 Millionen Euro durch ein Grundstück im Gegenwert von sechs Millionen Euro gesichert worden. Zum anderen seien die Patentrechte der Odersun an die Investitionsbank abgetreten worden. Trotz Abschlägen sei aufgrund bereits geschlossener notarieller Kaufverträge ein Reinerlös in Höhe von insgesamt 2,5 Millionen Euro zu erwarten. Daneben gebe es nach den engen Grenzen der Rechtssprecheung mit Blick auf die Motivlage bei einer „fremdnützigen Untreue“ keine Anhaltspunkte für ein vorsätzliches Handeln.

Die Linksfraktion im Landtag sieht Christoffers nun komplett entlastet in der Odersun-Affäre. „Mit der Entscheidung der Potsdamer Staatsanwaltschaft sind diese Vorwürfe ausgeräumt“, sagte der wirtschaftspolitische Sprecher Matthias Loehr. Tatsächlich taugt der enge rechtliche Rahmen für den Straftatbestand der Untreue kaum für eine Bewertung der politischen Fehler in der von den PNN aufgedeckten Affäre. Trotz der juristischen Einschätzung der Staatsanwaltschaft steht das Votum des Rechungshofs, wonach Christoffers mit seiner einsamen Entscheidung für Odersun gegen den in der Landeshaushaltsordnung verankerten Grundsatz der Wirtschaftlichkeit verstoßen hat. Das und die Affäre um den Fördermittelbetrug der Firma Human Bio-Sience (HBS), bei der Kontrollmechanismen nicht funktionierten und Christoffers persönlich eingriff, belasten Christoffers Ministerbilanz im Wahljahr schwer.

Christoffers hatte im Jahr 2011 entschieden, dass dem fast insolventen Solarhersteller in Frankfurt(Oder) von der ILB ein Rettungsdarlehen von drei Millionen Euro gewährt wird – und das gegen alle Warnungen seines Hauses, der Landesinvestitionsbank ILB und externer Gutachter. Zudem handelte er die Zahlung der Gelder persönlich an der ILB vorbei mit den Firmenchefs aus. Er wies die ILB sogar an, sich an die – laut Rechnungshof unzulässige – Verabredung zu halten. ILB-Vorstandschef Tillmann Stenger hatte im Wirtschaftsausschus gesagt: „Ohne die Weisung des Ministers hätten wir das Geld nicht ausgereicht.“ Der Präsident des Landesrechnungshofs, Christoph Weiser, hatte festgestellt, dass die Rettungsbeihilfe nicht das richtige Instrument gewesen sei, um die Firma zu erhalten, sondern sogar Jobs in der Solarbranche gefährdet habe. Christoffers habe auch nicht ausreichend begründet, warum er sich über das Votum der Fachleute hinweggesetzt habe. Zudem hat die jahrelange Förderung von Odersun, das nie ein marktreifes Produkt hatte, finanzielle Folgen für die Landeskasse. Erteilten Bürgschaften zur Absicherung von Krediten für Odersun in Höhe von insgesamt 10 Millionen Euro hat das Land Brandenburg bereits hohe Abschläge an die Banken gezahlt. Aus der Landeskasse sind für die ausgefallenen Kredite bis Mitte 2013 bereits 4,71 Milllionen Euro an die Geldhäuser geflossen.

Grünen-Fraktionschef Axel Vogel sagte, er sei nie davon ausgegangen, dass dem Minister im Fall Odersun Untreue vorzuwerfen ist. „Christoffers hat im Rahmen seines Ermessensspielraums als Minister eine fehlerhafte Entscheidung getroffen. Dies kann passieren. Er hätte aber zurücktreten müssen, weil er versucht hat, die Verantwortung auf andere abzuwälzen.“ CDU-Wirtschaftsexperte Dierk Homeyer sagte, Christoffers trage Verantwortung für seine offenkundige Fehlentscheidung. Der Minister habe dem Land einen wirtschaftlichen Schaden zugefügt, indem er Subventionen an ein insolventes Unternehmen gab. FDP-Landeschef Gregor Beyer sagte: „Mindestens hat der Minister sich von vermeintlichen Investoren wie ein Schuljunge über den Tisch ziehen lassen.“

nbsp;Alexander Fröhlich

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