Brandenburg: Jüterbogs Bürgermeister rudert zurück
Keine Spur nach Anschlag auf Jugendtreff. Erster konkreter Verdacht hat sich laut Polizei nicht bestätigt
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Jüterbog/Potsdam - Nach dem Anschlag auf einen Jugendtreff in Jüterbog (Teltow-Fläming) hat die Polizei noch keine Spur zu den Tätern. „Wir hatten etwas Konkretes, aber das hat sich leider nicht bestätigt“, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Potsdam, Nils Delius, am Montag. Nähere Einzelheiten wollte er aus ermittlungstaktischen Gründen nicht nennen. Die Ermittler prüfen unter anderem Verbindungen zu rechtsgerichteten Kreisen, weil der Jugendtreff auch als Anlaufstelle für Flüchtlinge genutzt wurde. Dazu würden Spuren ausgewertet und weitere Zeugen gehört, hieß es.
Die kirchliche Einrichtung war am Freitagabend nach einer fremdenfeindlichen Demonstration bei einer Explosion schwer zerstört worden. Nach den Ermittlungen hatten Unbekannte dort Pyrotechnik gezündet.
Nach deutlichen Worten von Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) ruderte der umstrittene Jüterboger Bürgermeister Arne Raue (parteilos) zurück. Er hatte die Bürger in einer Pressemitteilung vor dem Kontakt mit Flüchtlingen gewarnt, weil dabei angeblich Infektionskrankheiten drohten. Schröter hatte Raue daraufhin am Wochenende aufgefordert, dies zurückzunehmen. „Er weiß, dass er da was Falsches gesagt hat und es ist an der Zeit, das zu korrigieren“, sagte der Minister. Am Montagnachmittag ließ Raue dann die Mitteilung von der Webseite der Stadt nehmen.
„Ich danke dem Innenminister Schröter für seinen Hinweis auf die verwirrende Pressemitteilung“, sagte Raue laut Mitteilung. „Panikmache war zu keiner Zeit meine Absicht.“ Allerdings hatten das Potsdamer Gesundheitsministerium und Politiker verschiedener Parteien das Vorgehen Raues schon vor Wochen heftig kritisiert. Raue hatte dennoch an seiner umstrittenen Warnung festgehalten.
Nach Angaben des Bürgermeisters ist nun eine Spendenaktion für den Wiederaufbau des Jugendtreffs angelaufen. Den Flüchtlingen stehe in der Stadt nach wie vor das Kulturquartier im Mönchenkloster als Anlaufstelle zur Verfügung, sagte er. Der Jugendtreff „Turmstube“ der kirchlichen Einrichtung ist allerdings völlig verwüstet. Vom Sofa sind nur verkohlte Fetzen geblieben, unter den Füßen knirscht zersplittertes Glas. Skatkarten und zwei zerfetzte Weltkarten liegen in den Ecken, sogar die hölzerne Deckenverkleidung wurde durch die Explosion teilweise herabgerissen.
Nach ersten Einschätzungen der Staatsanwaltschaft Potsdam, die die Ermittlungen inzwischen an sich gezogen hat, haben vermutlich Rechtsextreme im Schutz der Dunkelheit „eine geballte Ladung Böller und andere Pyrotechnik“ durchs zerschlagene Fenster in die Stube geworfen, die zur Straße hin liegt. Im Gebäude hielt sich zum Tatzeitpunkt niemand auf, es gab keine Verletzten.
„Diejenigen, die vorgeben, das christliche Abendland zu verteidigen, aber zugleich Anschläge auf kirchliche Einrichtungen verüben, haben die letzte Maske fallen lassen“, sagte Schröter bei einer spontanen Solidaritätsaktion am Samstag. (mit cs)
Klaus Peters
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