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Von Stefan Jacobs, Klaus Kurpjuweit und Sylvia Vogt: Kabelbrand legte S-Bahn auf dem Ring lahm

Verkehr auf dem Ring und Abzweig nach Schöneweide erheblich eingeschränkt

Stand:

Berlin - Die Entschuldigungsoffensive der S-Bahn für das vergangene Chaos begann mit Chaos: Nachdem in der Nacht zum Montag nahe dem Bahnhof Neukölln ein parallel zu den Gleisen verlaufendes Kabel auf 100 Meter Länge verschmort war, geriet auf dem Ring und im Berliner Südosten der Verkehr durcheinander. Zudem brach ein Großteil des Telefonnetzes in der Konzernzentrale zusammen, sodass unter anderem die Kundenhotline bis in die Mittagsstunden nicht erreichbar war – ausgerechnet an dem Tag, an dem Neuabonnenten letztmalig die Chance auf zwei Monate freie Fahrt nutzen konnten und viele andere Kunden sich über die Entschädigungsleistungen informieren wollten.

Bei den Fahrgästen war wegen der Störung wieder einmal Improvisationstalent und Streckennetzkenntnis gefragt. Die S 47 (Spindlersfeld–Südkreuz) wurde großenteils eingestellt; sie pendelte nur zwischen Spindlersfeld und Schöneweide. Wer aus Südosten den Ring erreichen wollte, musste mit der zur S 8 (Zeuthen/Grünau–Hohen Neuendorf) umdeklarierten S 46 (Königs Wusterhausen–Westend) bis zum Treptower Park fahren, dort den Bahnsteig wechseln und sich in einen der Ringzüge drängen, die im Viertelstundentakt nach Neukölln pendelten. Weil dadurch der gesamte Ring nicht mehr rund lief, wurde der im Berufsverkehr übliche Fünfminutentakt gestrichen.

Entsprechend überfüllt waren in der Hauptverkehrszeit die Züge, die seit Jahren planmäßig auf dem Ring nur mit sechs statt der möglichen acht Wagen unterwegs sind. Ein kurzfristiges Ankoppeln weiterer Wagen sei wegen des hohen Aufwands nicht möglich gewesen, sagte S-Bahn-Chef Peter Buchner.

Anders als bei früheren Pannen blieben die Passagiere am Montag aber zumindest nicht völlig ratlos zurück – auch wenn Ansagen und Anzeigen nicht durchweg verständlich und korrekt waren. Ausgerechnet im wichtigen Umsteigebahnhof Südkreuz gibt es in der Ringbahnhalle aber keine Ansagen für den Betrieb der S-Bahn. Hier hat nach Informationen dieser Zeitung der Bereich Fernverkehr der Bahn durchgesetzt, dass es per Lautsprecher nur Informationen zum Fernverkehr gibt. Auf den elektronischen Anzeigetafeln wurde aber immerhin ausführlich auf den eingeschränkten Betrieb verwiesen.

Zum Bahnhof Köllnische Heide fuhren den ganzen Tag über keine Züge, die Station war nur mit Ersatzbussen erreichbar. Wer Pech hatte, war eine halbe Stunde länger unterwegs als sonst.

Wann die Störung behoben sein sollte, konnte die Bahn am Abend noch nicht sagen. „Wir hoffen, dass wir am Dienstag wieder nach Plan fahren können“, hieß es nur. Brandstiftung gilt als mögliche Ursache des Schadens. Ein Brandkommissariat der Berliner Polizei untersucht die verschmorten Kabel. Denn auch ein technischer Defekt wird nicht ausgeschlossen. Außerdem ermittelt die Bundespolizei wegen „Störung öffentlicher Betriebe“.

Zugleich zerstörte der Brand ein Hauptkabel für die Kommunikation der Bahn: Stundenlang konnten die Mitarbeiter im Tower am Potsdamer Platz und in dem Verwaltungskomplex am Nordbahnhof deshalb nur intern oder per Handy telefonieren. Auch das Kundentelefon der S-Bahn war deshalb nicht zu erreichen. Wegen der gestörten Kommunikation wurde auch die BVG erst nach Stunden über die Ausfälle bei der S-Bahn informiert, sodass dann auch die BVG Hinweise an die Fahrgäste geben konnte. Gegen Mittag funktionierte die Telefonanlage wieder.

Ermittler schließen nicht aus, dass das Lahmlegen der Telefonanlage sogar das Ziel war, falls es sich um einen Brandanschlag gehandelt hat. Wegen des geplanten Castor-Transports auf der Schiene nach Gorleben gilt die Bahn derzeit als besonders anschlagsgefährdet.

Erst Ende 2012 sollen bei der S-Bahn alle Bahnhöfe so ausgestattet sein, dass Fahrgäste überall Informationen erhalten können: durch Ansagen über Lautsprecher oder auf elektronischen Anzeigetafeln, die sich auf kleinen Stationen auf einzeilige Hinweise beschränken. Durch Mittel aus dem Konjunkturprogramm konnte die Bahn hier die Arbeiten beschleunigen.

Ausfälle gibt es derzeit auch bei der BVG. Wie viele Busfahrten am Montag gestrichen wurden, ließ sich nicht klären. Das Unternehmen musste am Donnerstag, wie berichtet, 40 Busse aus dem Verkehr ziehen, um sie nach einer Serie von Bränden kontrollieren zu können.

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