Brandenburg: Kaffeehaus
Die Janitscharen waren ein Eliteheer der osmanischen Sultane, denen es gelang, sich von einer Sklavenarmee zur privilegierten Priesterkaste hochzuarbeiten. Ihre Anführer, die Dei, waren bis ins 19.
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Die Janitscharen waren ein Eliteheer der osmanischen Sultane, denen es gelang, sich von einer Sklavenarmee zur privilegierten Priesterkaste hochzuarbeiten. Ihre Anführer, die Dei, waren bis ins 19. Jahrhundert hinein die eigentlichen Machthaber im Osmanischen Reich. Diese Janitscharen spielen die stille Hauptrolle in der Erzählung von Stanislav Komarek über den jungen Turkologen Viktor Kaplan, der das Prag der frühen achtziger Jahre frustriert verlässt, weil es dort für einen Türkei-Forscher nicht all zu viel zu tun gibt. Kaplan erhält Asyl in Wien, aber keine Arbeit. Die erhoffte Anerkennung widerfährt ihm erst, als er sich den Janitscharen zuwendet. Kaplan lernt einflussreiche Leute kennen, erhält ein hoch dotiertes Stipendium und siedelt nach Istanbul über. Nur am Rand nimmt er wahr, dass ein Wegbegleiter nach dem anderen die irdischen Sphären verlässt. Allmählich verfestigt sich bei Kaplan die Annahme, dass die Janitscharen noch existieren – als abstruser Orden in den USA, angeführt von dem Mann, der sein Stipendium finanziert. Es kommt zu einem finalen Besuch in New York ... Komarek erzählt im Plauderton und nach 221 kurzweiligen Seiten wundert sich der Leser, wie viel er nebenbei gelernt hat, über Mystik, orientalische Geschichte und das Österreich der Gegenwart. Komarek hat den Traum seines Helden selbst geträumt, die Jahre zwischen 1983 und 1990 verbrachte er im Wiener Exil. Auch die Person Komarek taucht im Roman auf, aber sie spielt nur eine Nebenrolle. Das spricht für eine Mischung aus Wehmut und Erleichterung des Autors darüber, dass er Kaplans Traum nicht bis zu Ende geträumt hat. Sven Goldmann Stanislav Komarek: Kaplans Traum. Aus dem Tschechischen von Sophia Marzolff. Rowohlt, Berlin. 221 Seiten, 18,90 €.
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