Brandenburg: Kameras gegen Sekundenschlaf sollen Leben retten
Hightech-Sonnenblende überwacht die Augen des Fahrers / Ingenieur aus der Prignitz mit 77 Patenten in der Lichttechnik
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Hightech-Sonnenblende überwacht die Augen des Fahrers / Ingenieur aus der Prignitz mit 77 Patenten in der Lichttechnik Lenzen (dpa/PNN). Sekundenschlaf am Lenkrad ist ein tödliches Risiko - und um so schwerwiegender, wenn Lastwagen- oder Busfahrer kurz einnicken. Maschinenbauer Uwe Braun aus Lenzen (Prignitz) kennt aus eigener Erfahrung die gefährliche Übermüdung bei langen Autofahrten. Jetzt entwickelte er dagegen ein optisches Sicherheitssystem: Seine mit Hightech bestückte Sonnenblende für die Windschutzscheibe kann in Auto, Bus, Lastwagen, Lokomotive, Schiff oder selbst Flugzeug-Cockpit nachträglich eingebaut werden. Die Hightech-Blende überwacht mit Hilfe von Mini-Kameras die Augen des Fahrzeugführers und löst notfalls Alarm aus. Braun hat sich für seine Erfindung namens „Sebili“ die Biologie zunutze gemacht: „Die Iris im Auge reagiert auf Müdigkeit, Alkohol oder Drogen mit verlangsamten, ganz spezifischen Bewegungen, die messbar sind“, erklärt der Chef der Lichtsysteme-Firma Uwe Braun GmbH. Jeder Lidschlag, jede Pupillenveränderung des Fahrers wird vom elektronischen Auge der neuen Sonnenblende registriert und mit den gespeicherten Daten verglichen. Bei erheblichen Abweichungen bis hin zur Fahruntüchtigkeit soll ein akustisches Signal oder eine Radiodurchsage erfolgen. Besser noch ist die Augenkontrolle vor dem Start: Nur wenn die Kamera „grünes Licht“ gibt, kann der Fahrer mit seinem eigenen Fingerabdruck den Motor zünden. „Hier kann nicht mehr manipuliert werden“, versichert Braun. Doch auch ohne Mini-Kameras ist die Sonnenblende „Sebili“ für den Kraftfahrer eine zusätzliche „Sehhilfe“: Eingebaute Sensoren steuern die Innenraum-Beleuchtung des Wagens so, dass sich die Augen des Fahrers bestens an die äußeren Bedingungen anpassen können. Bei Dunkelheit in der Nacht oder einem Tunnel verhindert Licht im Wagen, dass grelle Scheinwerfer entgegenkommender Autos blenden, die Pupillen erschreckt schließen und der Fahrer quasi kurz „erblindet“. Ein „Vorbelichten“ der Augen erhält die Sicht und Reaktionsfähigkeit. Das Aufhellen des Innenraums mit kurzwelligem Licht bringt aber, so Braun, noch einen weiteren Effekt: Wie bei einer medizinischen Lichttherapie wird im Körper des Fahrers die Vitaminproduktion angekurbelt und das Ausschütten von Schlafhormonen reduziert - und damit auch die Gefahr, am Steuer kurz wegzutreten. „Optische Kontrollen liegen im Trend“, stellt eine Sprecherin der Uwe Braun GmbH fest. Die Volkswagen AG in Wolfsburg wolle jetzt das Braunsche System testen, das seit Mai dieses Jahres mit drei Patenten weltweit geschützt ist. Hartmuth Hoffmann, Sprecher bei VW, betonte, dass sich auch die konzerneigene Forschungsabteilung mit Systemen befasst, welche die Müdigkeit des Fahrers mittels Lidgeschwindigkeit ermitteln sollen. „Wir fahren mehrgleisig“, macht Hoffmann klar. Die Lenzener tüftelten ein gutes Jahr lang an „Sebili“. Die Entwicklungs- und Patentkosten beliefen sich nach Unternehmensangaben auf 685 000 Euro; knapp ein Drittel davon steuerte das Land Brandenburg bei. Die Sicherheits-Sonnenblenden aus Lenzen sollen laut Braun in der Region gefertigt werden. Der Ingenieur aus der Prignitz verfügt nach eigenen Angaben mittlerweile über 72 Patente in der Lichttechnik und erwirtschaftet mit 33 Mitarbeitern gut sechs Millionen Euro Umsatz im Jahr. Jetzt sucht Braun Partner im Land, um möglichst schon im nächsten Jahr die Serienproduktion von „Sebili“ starten zu können. Zugleich reichte er das neue Sicherheitssystem zur europäischen Verkehrszulassung ein, um es künftig zum Standard zumindest bei Bussen und Trucks werden zu lassen. Internet: www.uwe-braun.de" target="new">http://www.uwe-braun.de
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